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Gibt er den Segen seinen holden Knaben,

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Küßt seinen Vater als getreuer Sohn,

Umarmt die fromme Gattin fest und lange
Und läßt sich wappnen zu dem ernsten Gange.

Die Gräfin aber läßt den Bürgern künden,
Welch schwerer Kampf dem edlen Manne droht,

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Und fleht: sich zum Gebete zu verbünden,

Von ihm dadurch zu wenden sichern Tod,
Von ihm, dem Biedern, der ein Feind der Sünden,
Den Armen Retter war aus mancher Noth.
Sie spricht: „Hört ihr vom Schloß das Glöckchen läuten,

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So wißt ihr seine Mahnung wohl zu deuten!“


Als von dem Thurm, aus dunkeln Epheuranken
Drei Uhr verkündete der Glocke Mund,
Stehn Rosenberg und Wertheim in den Schranken
Im Kürlesgarten dort im Taubergrund.

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Der Helmsturz fällt und rasch wie die Gedanken

Flammt auf das Schwert, blitzt auf des Schildes Rand,
Beflügelt sind die stahlumschanzten Glieder
Und im Gebirg halt es von Hieben wieder.

Da tönt Geläute von des Schlosses Zinnen,

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Und Vater, Weib und Kinder knieen hin,

Den Sieg durch brünstig Beten zu gewinnen,
Und jede Lippe bebt: „Gott, schütze ihn!“
Durch Seufzer tönt’s in heißer Thränen Rinnen:
„O laß’ ihn dem gewissen Tod entfliehn!“

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Und wie vom Schloß die Glockenklänge schallen,

In Wertheim Alle auf die Kniee fallen.

Doch in dem Thale kreuzen sich die Klingen,
Jetzt fängt sie auf der Schilde breiter Rand,
Hier gleiten sie von glatten Eisenringen,

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Dort stürzt ein Hieb den Helmbusch in den Sand.
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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 645. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_645.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)