Hier wirds mir zu eng in der alten Stadt, melancholisch macht mich der Glocken
Festtäglicher Klang in den Mauern so dumpf – nur draußen da winkt mir Frohlocken!“
Zur Jagd gerüstet also an der Pforte. –
„O bleibe! Heut ist erster Ostertag!“
Entgegnet ihm sein Weib mit sanftem Worte.
„Begleit’ mich lieber auf dem Kirchengang,
Geliebter Mann, ist’s ja doch schon so lang,
Daß du nicht mehr im Gotteshaus gewesen!“
Doch er küßt sie und schwingt auf das Roß sich behend: „Ein andermal, Liebste, nicht heute!
„Ich muß in den Wald, hab’ zum Beten nicht Zeit!“ – Fort zieht er mit Jägern und Meute.
Ist rasch aus dem Thore, hinunter am Main, in den duftenden Wald er gedrungen.
Schon tönet fern und ferner das Geläut,
Da ruft der Graf: „Ade, trübsel’ge Glocke!
Fürwahr, du bringst mich nicht zum Beten heut,
Noch einmal tönt die Glocke wie ein Ruf
Und deutlich scheint’s zu flehn: „O kehre, kehre!“
„Fort“ – ruft er – „Rößlein! Spute deinen Huf,
Daß ich den Klageton nicht länger höre!“
Der Guckuck ertönt und des Hähers Geschrei und die Holztaub’ girrt aus dem Neste,
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 651. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_651.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)