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umgaben wersteweit diesen Ort. Nur große Moore mit versumpften Seen oder ödes, torfreiches Heideland verliehen der Gegend stellenweise ein anderes Aussehen. Hinter Kemmern, das auf der Grenze von Liv- und Kurland liegt, kam die Station Schmarden, und dann näherten wir uns Tuckum, dem Endziele unserer Bahnfahrt. Seitwärts erschienen kleine Anhöhen. Unser Zug verließ die Mitausche Ebene[1] und stieg bergan. Vor Tuckum nahmen die Güter Schlockenbeck („Schnepfenbach") und Durben, dessen schöner Park rühmlichst bekannt ist, unsere Aufmerksamkeit in Anspruch. Beide gehören der Familie von der Recke. Schloß Durben mit der hellen, säulengeschmückten Fassade, halb hinter grünem Laube versteckt, war links in anmutiger Gegend auf einer Anhöhe zu sehen. Da befand sich auch schon das Städtchen Tuckum vor uns, zu

dem man gleichfalls bergan fahren und gehen mußte, denn es lag auf einer hohen Stelle an der Mühlenstauung, einem kleinen See, dessen Abfluß die Schlock ist. Hier hat früher eine 1330 erbaute Ordensburg gestanden, an die sich ein Hakelwerk schloß; aus diesem entwickelte sich seit dem 15. Jahrhundert ein Flecken, der 1798[2] Stadtrechte erhielt.

  1. Die Mitausche Ebene nimmt einen Flächenraum von ungefähr 70 Quadratmeilen ein und wird annähernd durch folgende Grenzpunkte bestimmt: Riga, Dahlen, Bauske, Grünhof und Schmarden. Von Süden nach Norden, gegen die Dünamündung, ist sie fast unmerklich abgedacht und von Morästen und Seen bis an den sandigen Küstengürtel (die Dünen) durchzogen. Ehemals ist sie Meeresgrund und ein Teil des Rigaschen Meerbusens gewesen. (Vgl. Possart, Das Gouvernement Kurland, 1843.) — Während diese Ebene und das kurische Oberland den Teil des Herzogtums Kurland (1561—1795) ausmachten, der nach den alten, tapferen Bewohnern dieses Gebietes den Namen Semgallen führte, bildete das Land westlich von der Mitauschen Ebene das alte eigentliche Kurland, jetzt auch kurisches Unterland genannt.
  2. Seraphim, Malerische Ansichten aus Livland, Estland und Kurland, 1901. Seite 211.
Empfohlene Zitierweise:
Edgar Baumann: Im Gottesländchen. In Kommission bei Kluge und Ströhm [et al.], Reval [et al.] 1904, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:BaumannImGottesl%C3%A4ndchen.pdf/10&oldid=- (Version vom 9.3.2019)