Seite:BaumannImGottesländchen.pdf/108

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

nach der Überlieferung sollte dort Geld vergraben liegen. Darauf gelangten wir zum Kuschke-Gesinde, wo uns ein lieblicher Birkenhain in seinen Schatten aufnahm. Hinter dem Haine kamen wir auf eine Lichtung hinaus. Hier wies uns bei einem Gesinde ein Hüterweib den Weg durch den Wald nach Schloß Reggen. Baron S., dem Reggen gehörte, sollte eine alte Chronik besitzen, die über die Katholisierung Alschwangens durch einen Grafen Schwerin Näheres enthalte. Das schöne neue Schloß lag an einem Teiche. Wir besichtigten die geschmackvoll eingerichteten Innenräume. Der Baron weilte mit seiner Gemahlin im Auslande, und nur ein kleiner Stammhalter, Bodo mit Namen, der unter der getreuen Obhut der Gouvernante zu Hause geblieben war, begrüßte uns mit kindlichem Lächeln. Über die Chronik wußte man uns nichts zu sagen. In einem Zimmer wurde mit der Schleudermaschine Honig gereinigt; schon gegen 10 Töpfe standen damit gefüllt an der Wand. — Hinter Reggen durch­schritten wir einen Wald und erreichten dann das Alschwangensche Gebiet. Hier leben gegen 6500 katholische Letten, die gleichsam einen besonderen Bezirk im Lande bilden, da sie sich durch ihre Sitten, ihre alte Tracht und ihren Glauben ausfallend von den ringsum wohnenden lutherischen Letten, von denen sie „Ssuiten“[1] genannt werden, unter­scheiden. Sie selbst nennen sich Katholiken und ihre Heimat, welche die großen zum Hasenpothschen Kreise gehörenden Gemeinden Alschwangen, Guddenieken, Bassen und Felixberg am Strande (mit einer Filialkirche) umfaßt, Alßunga. Zur Reformationszeit war auch Alschwangen lutherisch geworden, aber

um 1630 trat der Besitzer des großen Gutes zum Katholizismus

  1. Das Wort stammt entweder von „Jesuit“ oder dem lioischen „suoi“ (sumpfig) her. Nach Ulmann lautet es Ssuitjis (suikis), was einen „Sprachmenger“ bedeuten soll.
Empfohlene Zitierweise:
Edgar Baumann: Im Gottesländchen. In Kommission bei Kluge und Ströhm [et al.], Reval [et al.] 1904, Seite 100. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:BaumannImGottesl%C3%A4ndchen.pdf/108&oldid=- (Version vom 9.9.2019)