Seite:BaumannImGottesländchen.pdf/21

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Wir fuhren über schöne Anhöhen. In der Nähe zeigte sich Laubwald. Von den höheren Stellen hatte man schöne Ausblicke in der Richtung nach Kandau, wo fernher die Wälder bläulich flimmerten. Das Niveau der Landschaft hob sich zusehends. Bald lief der Weg in einen Tannenwald hinein. In Nurmhusen fanden wir den Platz vor dem Kirchenkruge mit großen Fuhrwerken bedeckt. In riesigen Tonnen wurde von der 5 Werst entfernten Odernschen Brennerei Branntwein nach Tuckum geführt. Die armen Menschenkinder verbrauchen wohl eine Unmenge dieser verderbenbringenden Flüssigkeit! Gegenüber dem Kruge und der Gemeindeschule lag, von dichtem Laube beschattet, die Kirche. Bald nachdem deren Turm hinter den Feldern und Anhöhen — es war bei Sonnenuntergang — unseren Blicken entschwunden war, sahen wir am Rande einer freien Gegend einen Hain aufsteigen. Das war das Gut Scheden, dem wir uns näherten. Längs einem Teiche, durch eine Allee uralter Eichen fuhren wir zum Herrenhause.

25. Juni. Das Gut Scheden muß schon seit Jahr­hunderten existiert haben. Das bezeugen nicht nur die ehr­würdigen, alten Eichen am Wegesrande, sondern auch die Erzählungen der Leute, daß hier vor Jahren ein Schloß ge­standen habe, dessen Trümmer noch unlängst in der Nähe des jetzigen Herrenhauses beim Mühlenteiche zu sehen gewesen seien. Das Gut gehört der Familie von Fircks zu Waldegahlen (bei Talsen), die es in Arrende vergeben hat. — Angenehm war der Aufenthalt auf der hopfenumrankten, ahornbeschatteten Veranda des Gutshauses und im großen, lauschigen Obstgarten am Teiche. Eine Menge schöner, weißer Wasserrosen schaukel­ten sich, vom Winde hin und her bewegt, auf der Flut. Jenseits des Teiches stand auf einem Hügel hinter einer Wiese eine alte Windmühle, wie sie zur Großvaters Zeiten bei uns zu Lande gebaut worden sind. Der Teich ist reich an Schleien

Empfohlene Zitierweise:
Edgar Baumann: Im Gottesländchen. In Kommission bei Kluge und Ströhm [et al.], Reval [et al.] 1904, Seite 13. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:BaumannImGottesl%C3%A4ndchen.pdf/21&oldid=- (Version vom 9.3.2019)