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wir uns unten durch dichten Laubwald Bahn und gelangten zum hügelumschlossenen, waldumkränzten Kamparsee. Der dunkle Uferwald spiegelte sich in seinen Fluten. Im Walde waren viele Arten von Laubbäumen vertreten. Hier fiel mir ein Strauch auf, den mein Führer auf lett. „ßanßährschi“ nannte (nach Ulmanns lettischem Lexikon Striesenholz, Lonicera Xylosteum); um Pfingsten soll er blühen, wobei feine Bütendolden den ganzen Wald mit herrlichem Geruche erfüllten. Vom Ende des Sees gingen wir zu dem auf einem Hügelzuge inmitten eines breiteren Bergtales gelegenen Kampargehoft und dem hinter diesem auch auf der Anhöhe befindlichen Brendje-Gesinde. Eine Vertiefung unten rechts im Tale bezeich­nete K. als einen „Trekter“ (Trichter). Es war eine im Som­mer morastige Stelle, wo im Frühjahr die Berggewässer sich ansammelten, um rasch in den Boden zu verschwinden. Weiterhin kamen wir auf der Anhöhe, die wir entlang gingen, in einen schönen Laubwald hinein, wo mir die zahlreichen Eichen auffielen. Dennoch klagte mein Führer darüber, daß die früheren schönen Eichenhaine, die hier ringsum die Berge bedeckt hätten, immer mehr verschwänden. Tatsächlich haben wir auf unserer Wanderung in den Bergen oftmals riesige Eichenstümpfe gesehen, was seine Aussage zu bestätigen schien. Durch einen sehr tiefen, steinigen, jetzt trockenen Graben, der von der bewaldeten Anhöhe, wo wir uns befanden, bergab führte, gelangten wir in ein kleines, hübsches Tal, auf dessen Grunde sich eine blumenreiche Wiese mit einzelnen Baumgruppen befand und zu dessen Seiten sich recht steile, mit schönen Bäumen bestandene Bergabhänge erhoben. Das den Namen „Grebbes Grotte“ führende Tal konnte leicht in einen reizenden Naturpark verwandelt werden: es fehlten nur gepflegte Gänge und ein kleines Gartenhäuschen. Im Tale fielen mir die vielen blauen Nachtviolen auf, die schön aussahen und ange­nehm dufteten. Lustig zwitscherten, während wir unsere Vespermahlzeit

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Edgar Baumann: Im Gottesländchen. In Kommission bei Kluge und Ströhm [et al.], Reval [et al.] 1904, Seite 28. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:BaumannImGottesl%C3%A4ndchen.pdf/36&oldid=- (Version vom 12.12.2020)