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gestellt worden sei. Einige Ortsnamen schienen hier so recht zur umgebenden Natur zu passen, wie z. B. Puhnji, deutsch: Puhnen (die Strohscheunen oder modriger Boden), Spendji (die Schlammpiezker), Smudji (unausgewachsene Alante). Ungefähr auf halbem Wege zwischen Talsen und Dondangen, dort wo unsere Landstraße von der Erwahlen-Windauer gekreuzt wurde, machten wir um Mitternacht beim Lerchenkruge halt. Jetzt hatten wir das Dondangensche Gebiet bald erreicht. Es ging hinein in den Wald, der oft wersteweit den Weg säumte. Der letzte, blasse Abendschein hatte sich allmählich nach Osten gezogen und ging über ins Morgenrot, das uns stets heller und heller durch den Wald und die Haine entgegenleuchtete. Auf den Fluren fing es an sich zu regen und zu weben: der Morgennebel spann dort seine geheimnisvollen, weißen, seidenen Fäden. So fuhr man dahin durch Dondangens schweigende Wälder und Lichtungen. Beim Morgengrauen waren wir stiller geworden, bald nickte der eine und der andere ein. Auch ich lehnte mich zurück und versank in einen Halbschlummer. Wenn ich dann die Augen aufschlug, leuchtete mir das gespenstische Morgenrot entgegen, auf dem sich die Gegenstände am Saume das Himmels klar abhoben. Wir näherten uns Dondangen. Rechts bog ein Waldweg zur Schule ab, wo der alte Dünsberg, der lettische Dichterveteran, lebt und wirkt. Weiterhin schaute uns aus dem Gebüsche ein Rehbock verwundert entgegen, um gleich darauf, L.’s „Lord“ bemerkend, zu verschwinden. Gegen zwei Uhr morgens sahen wir am Rande einer kartoffelreichen Lichtung hinter mächtigen Laubbäumen eine weiße Kirche auftauchen, und bald fuhren wir durch eine mit zwei sehr großen, gemauerten Pfeilern versehene Pforte nach Dondangen hinein. Breite Alleen bildeten jetzt den Weg. Da fuhren wir auch schon zwischen den Gebäuden das Gutes hindurch: rechts lag der Krug, die Kirche, links zogen sich, grell im Morgenlichte blinkend, eine weiße Garten­mauer

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Edgar Baumann: Im Gottesländchen. In Kommission bei Kluge und Ströhm [et al.], Reval [et al.] 1904, Seite 39. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:BaumannImGottesl%C3%A4ndchen.pdf/47&oldid=- (Version vom 12.12.2020)