Seite:BaumannImGottesländchen.pdf/86

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

der Weg gleich einem weißen Bande schräg die grünen Abhänge herauf. Durch goldene Kornfelder fuhren wir zum Kronsgute Walgalen, wo wir beim Arrendator dieses Gutes und der Güter Krons-Rönnen und[WS 1] Neuhof einkehrten. Im Obstgarten standen hier große herrlich rauschende Espen. Auf einem früheren „Käsehäuschen“, jetzt Viehstalle, befand sich eine Wetterfahne, welche die Jahreszahl 1761 aufwies. Gegen Abend erreichten wir das 12 Werst weiter gelegene Gut Krons-Rönnen.

Rönnen. 21. Juli. Vor dem Herrenhause lagen auf einer Wiese Mauerreste. An dieser Stelle hatte sich früher die Gemeindeverwaltung befunden. Ein altes Männlein soll erzählt haben, daß hier 1818 die Freilassung der Bauern bekannt gemacht worden sei. Sogleich hätten an jenem Tage alle ihre Arbeit eingestellt und Freudentränen vergossen. Es muß ein erhebender Augenblick gewesen sein, gleich demjenigen, den[WS 2] die russischen Bauern im Februar 1861 erlebt haben. — Am Vormittage machten wir einen Spaziergang zum 1 1/2 Werst entfernten Gute Brink-Rönnen bei der Abau, wo sich auch diesseits das eigentliche Rönnen mit der Kirche und dem Pastorate befand. An der Landstraße standen kleine Pfosten, auf denen die Namen der Wirte verzeichnet waren, welche die einzelnen Strecken instand zu halten hatten. Mehrere wiesen einen mythisch klingenden Namen auf, wie z. B. Sperrwell („versetze dem Teufel eins mit dem Fuße“), Laima (die alte Glücksgöttin) und Pährkuons (der Donnergott). Bei Rönnen wird Gips gebrochen und gemahlen. Hier soll eine der älte­sten Papiermühlen Kurlands gestanden haben. Auf einem Hügel am Wege lag ein großer neuerbauter Krug. Wir setzten mit einer Fähre über den Fluß, um weiterhin beim Hotel „Halt an zum Abautale“ links zum Gute, das von einem großen Garten umgeben auf den Bergabhängen[1] lag,

  1. Die Bodenerhebungen in dieser Gegend sind Teile des niedrigen Erdrückens, der sich von Sessilen (bei Frauenburg) über Rönnen nach Popen hinzieht.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: uud
  2. Vorlage: deu
Empfohlene Zitierweise:
Edgar Baumann: Im Gottesländchen. In Kommission bei Kluge und Ströhm [et al.], Reval [et al.] 1904, Seite 78. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:BaumannImGottesl%C3%A4ndchen.pdf/86&oldid=- (Version vom 12.12.2020)