Seite:BaumannImGottesländchen.pdf/99

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Hier wurde er von den russischen Truppen umsetzt. Allgemein glaubte man, er werde der Gefangenschaft nicht entgehen, als man erfuhr, er habe sich in Windau eingeschifft. Ob er wirklich die Aufmerksamkeit seiner Verfolger getäuscht oder diese geheime Anweisung gehabt haben, ihn entkommen zu lassen, oder ob sie selbst ihn lieber entkommen lassen als gefangen nehmen wollten, mag unentschieden bleiben. Wer die Lage der Insel kennt, möchte geneigt sein, sich für das Letztere zu erklären.“ Schräg gegenüber auf dem Festlande lag das Kanonenhorn (lettisch Dischgabbalrags), wo unten im See eine Kanone liegen soll. Einigemal hätten sich dort die Netze der Fischer verwickelt. (Auch von vergrabenen Schätzen spricht man hier: einer liege auf dem Moritzholme, ein anderer im Walde zwi­schen Usmaiten und Rönnen vergraben.) Sehr gut machte sich von der Insel aus der Blick auf das Kanonenhorn und die jenseit desselben in einer Bucht hintereinanderliegenden Guodel- und Ssaminjhörner. Der aus zwei größeren zusammenhängenden Hälften bestehende Moritzholm war mit schönem, dichtem Laubgehölz bewachsen. Alle Baumarten Kurlands sollen hier vorkommen. Tatsächlich fanden wir dort eine Menge der verschiedenartigsten Bäume. Auch mächtige alte Eichen gab es da, die nicht nur den Grafen Moritz, sondern noch ältere Generationen gesehen haben mußten. Die Insel war unbewohnt. Nur an Festtagen finden dort Grünfeste statt. Jenseit der Insel lag drüben das Gut Krons-Usmaiten. Hier war es am leich­testen, von einem Ausläufer des Holmes auf das Ufer des Festlandes zu erreichen, denn Pferde können an dieser Stelle leicht durchgeschwemmt werden. Der Sänger meinte: „Von diesem Horne ist der Moritz-Prinz zum Gute Usmaiten hin­übergeflohen" (lettisch: pahrspehris pahr). Einsam stand an dieser Spitze der Insel eine Eiche, als ob sie ein Zeichen dafür wäre. Drei Viertelstunden hatte die Fahrt bis zur Insel gedauert, ebenso lange sahen wir uns diese an; nun

Empfohlene Zitierweise:
Edgar Baumann: Im Gottesländchen. In Kommission bei Kluge und Ströhm [et al.], Reval [et al.] 1904, Seite 91. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:BaumannImGottesl%C3%A4ndchen.pdf/99&oldid=- (Version vom 21.8.2021)