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Frühling). Viel Volk lief zu und dabei befanden sich auch Schüler, welche in Bauernkleidern oder sonst vermummt waren. — Als anno 1522, da schon Luthers Lehre gar sehr im Schwunge war und sonderlich in der Oberlausitz viele Freunde hatte, unter dem Bürgermeister Balthasar Lausnitz diese Zeremonie gehalten wurde, trugen ihrer zwei von den Verkleideten eine Stange, daran viel Ablaß- und Butterbriefe gehangen. Solche boten sie gegen jedermann feil, und da sie niemand kaufen noch annehmen wollte, warfen sie die Stange samt den Briefen ins Feuer, nahmen ihre Flegel und schlugen tapfer darauf, daß die Funken stoben. Sie sind darauf zum Lauentore hinausgegangen und niemand redete etwas dawider. — Des folgenden Jahres, 1523, bei der Regierung des Bürgermeisters Hieronymi Ruperti, ward abermals der Sommer wie sonst empfangen. Da geschah es, daß ihrer zwei sich, als Mönche verkleidet, einen Papst von Papier gemacht, ihn auf einer Tragbahre zur Reichengasse herausgeschleppt und auf dem Markte ins Feuer geworfen haben. Weil sie sich aber nicht zeitig genug davongemacht, wurden sie erwischt und in den Lauenturm gefangen gesetzt, bis der junge Herzog, des Landvogts Herzog Caroli Sohn, sie losgebeten und befreit. Die beiden hießen Weiß und Taschenberg und waren Baccalaurei an der Schule. — Da sich über solchen Vorfall die Päpstler beschwert, hat man Veranlassung genommen, die ganze Zeremonie abzuschaffen.

31. Das Semperlaufen der Budissiner Frauen.

a) Es ist in alten katholischen Zeiten Sitte gewesen, daß am Donnerstage vor Fastnacht die Weiber in Budissin, alte und junge, vornehme und geringe, zusammengelaufen und zu den Bürgern in die Häuser gekommen sind, schandbare Lieder gesungen, allerhand unehrbare Possen getrieben und dafür Bratwürste, Fleisch und Brot und andere Gaben gefordert und erhalten haben. Diese Sitte hieß das Semperlaufen oder zum Semper laufen. — Der Bischof von Meißen, Johann Hoffmann, hat diese Gewohnheit als ein umsauberes Überbleibsel der alten Bacchanalien aus den heidnischen Wendenzeiten im Jahre 1444 abgeschafft, doch dagegen ein Marienfest: „Festum Mariae virginis, inventionis pueri" zu feiern angeordnet.

b) Eine alte handschriftliche Chronik erzählt, es habe nach dem König Sompar, auch Zemper genannt, der 44 Jahre im Regiment gesessen, sein Sohn König Schwab in deutschen Landen 46 Jahre lang geherrscht. Denselben hätten seine Nachkommen, die Schwaben, zum Gott gemacht, ihm einen wilden und erschrecklichen Wald geweiht, ihn mit Menschenblut verehrt und in seinem Namen einen Menschen wie einen Ochsen abgestochen und abgetan. Man durfte nur mit auf den Rücken gebundenen Händen in den Wald gehen, damit anzuzeigen die Gewalt Gottes und die Einigkeit zu lieben. Wer gefallen sei, habe nicht wieder aufstehen dürfen, sondern sich herauswälzen müssen.

32. Der feurige Besen.

Am 14. April 1558 wurde nachts über Budissin ein feuriger Besen gesehen. Kurz darauf ist der sogenannte große Zoll aufgekommen.

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: Bautzener Sagen. Verlag Johannes Vieweg, Leipzig 1924, Seite 12. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bautzener_Sagen.pdf/14&oldid=- (Version vom 2.10.2023)