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besonders am 17. Oktober 1639, jämmerliches Geheul an. Tags darauf kamen die Schweden unter Wanke und besetzten die Stadt.

48. Der Feuersegen zu Budissin.

Eine wandernde Zigeunerfamilie, deren Angehörige fast alle von einer Krankheit befallen waren, kam Anfang des 17. Jahrhunderts nach Budissin. Während der Vater todkrank auf einer Steinbank am Tore lag, gingen Mutter und Kinder in der Stadt umher, um bei menschenfreundlichen Bürgern Obdach zu suchen. Ohne Erfolg kehrten sie zu dem vor Frost zitternden Kranken zurück. Da kam ein Mann vorüber, der in der Goschwitz wohnte. Der nahm sie bei sich auf und pflegte sie, bis sie alle wieder genesen waren und ihre Reise fortsetzen konnten. Als Zeichen seines Dankes sprach der Zigeuner den Feuersegen über das Haus aus. Als nun nach wenigen Jahren Wallensteins Truppen die Stadt durch Feuer zerstörten, blieb auch wirklich das Häuschen in der Goschwitz unversehrt. Trotzdem die Soldaten mehrmals Pechkränze anlegten, konnte das Dach nicht in Brand gebracht werden. 1840 wurde es wegen Baufälligkeit niedergerissen.

49. Der Türkenkopf am Rathause.

An der Südseite des Rathausturmes befindet sich in ziemlicher Höhe ein runder, vorspringender Stein, den man bei genauer Betrachtung als einen Türkenkopf mit einem Turban erkennt. Als die grimmen Türken im Jahre 1683 schon bis vor die Stadt Wien gedrungen waren, fürchtete man, sie könnten auch bis Budissin kommen. In aller Eile wurden Wälle, Mauern und Tore ausgebessert, um zu etwaigem Kampfe gerüstet zu sein. Da jedoch der Kurfürst von Sachsen Johann Georg III. und der Polenfürst Johann Sobiesky die Türken bei Wien besiegten, wurde zum Gedächtnis daran der Türkenkopf eingemauert.

50. Das Militärgespenst.

Im Jahre 1738 fam der Hofnarr August des Starken, Schmiedel, auf einer Reise durch Budissin an der Wohnung des damaligen Platzkommmandanten, Obersten von Schmiskal, in der Korngasse vorüber. Dem zum Fenster Herausschauenden rief er scherzhaft zu: „Nun warte nur, dich werden sie auch bald beim Schlafittig nehmen!“ Der sich mancher Schuld bewußte Oberst erschoß sich wenige Tage darauf und schreitet seit dieser Zeit in der Nacht seines Todestages in militärischer Tracht über den Saal des Hauses und verschwindet um Mitternacht.

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: Bautzener Sagen. Verlag Johannes Vieweg, Leipzig 1924, Seite 16. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bautzener_Sagen.pdf/18&oldid=- (Version vom 2.10.2023)