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hoher und niedrer Schildknappen, war damals noch nicht in Europa kultivirt. Siegismar hatte seinen jungen Herrn schon einmal das Leben gerettet, und Alfred war nicht undankbar und vergaß dieses nicht, wie man dermalen eine Kleinigkeit zu vergessen pflegt; Siegismar war mehr des Ritters Freund und Gefährte, als sein Diener, allein eben dadurch, daß ihn Alfred mit einer gewissen Achtung behandelte, kettete er die treue Seele mit festen Banden an sich; denn es liegt im menschlichen Charakter, dem freundlichen Herrscher gern und freudig zu gehorchen, hingegen dem polternden, tobenden Befehlshaber, oder der kreischenden, Gift und Galle speyenden Herrin stoischen Gleichmuth und Verachtung entgegenzusetzen. –

Von Land zu Land, von Burg zu Burg, von einem Turnier zum andern flog der jugendliche Held; oft übten an ihm die minniglichen Zuschauerinnen ihrer Augen Zaubermacht, jedoch vergebens; Alfred kannte, wie schon gesagt, die Liebe noch nicht. Just zu jener Zeit kam er nach Thüringen, als Graf Ernst von Gleichen die Einladung an alle Ritter ergehen ließ; zwar

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Ludwig Bechstein: Thüringische Volksmährchen. Carl Fleck und Comp., Sondershausen 1823, Seite 8. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bechstein_Th%C3%BCringische_Volksm%C3%A4hrchen_1823.pdf/10&oldid=- (Version vom 31.7.2018)