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seines Rosses ihn weckte. Vergebens spornte er das Roß, das sonst gute und kluge Thier war nicht von der Stelle zu bringen; der Ritter blickte auf und siehe – von einem magischen Silberschimmer wie von einem wallenden Schleier umgeben, saß an dem Quellenrande eine wunderliebliche Jungfrauengestalt; da ging es hell auf in seinem Innern, verschwunden war sein Sehnen, es ward ihm klar, daß er hier das unbewußte Ziel desselben gefunden hatte. Lange hatte er mit unverwandten Blicken auf der Jungfrau, die ihn gar nicht zu bemerken schien, verweilt, endlich faßte er sich und fragte mit sanfter Stimme:

„Wer bist Du Jungfrau, die Du geschmückt mit allen Reitzen, gleich einer Königin, am Rand der kühlen Quelle sitzest? antworte mir, wenn anders meine Frage Dich, du Holdselige, nicht beleidigt.“

Alfred schwieg, so bange, so beklommen, und doch so freudig war ihm nie zu Muthe gewesen.

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Ludwig Bechstein: Thüringische Volksmährchen. Carl Fleck und Comp., Sondershausen 1823, Seite 12. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bechstein_Th%C3%BCringische_Volksm%C3%A4hrchen_1823.pdf/14&oldid=- (Version vom 31.7.2018)