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Und sie erhebt sich – um der Locken Fülle rankt sich ein Kränzchen von Vergißmeinnicht, des zarten Körpers zartere Bedeckung scheint aus Luft und Duft gewebt, und lilienweiß, wie das Gewand, ist das sanfte ausdrucksvolle Gesicht. Jetzt schlägt sie die seidnen Wimpern auf zu dem Ritter, und es geht ein wunderbarer Klang durch die Büsche. Mit dem Anstand einer Königin tritt sie ihm näher, und lispelt mit einer Silberstimme, welche den Ritter alles um sich her vergessen machte:

Wer bist Du Ritter, der so ruhelos durch Flur und Wiesen reitet, und von seines Rosses Hufen meine Blumen knicken läßt? Drückt Dich vielleicht geheime Last? und hast Du niemand, der Dir Deine Schmerzen heile? denn sieh – ich weiß es, daß Du Schmerzen hast! –

Ihre Rede klang wie Gesang, er fühlte keine Schmerzen, er sah und hörte nur sie, und lauschte noch immer ihrer Rede, als sie schon lange geschwiegen hatte; endlich stammelte er mühsam heraus: „Wenn Du mir ansiehst, daß

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Ludwig Bechstein: Thüringische Volksmährchen. Carl Fleck und Comp., Sondershausen 1823, Seite 13. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bechstein_Th%C3%BCringische_Volksm%C3%A4hrchen_1823.pdf/15&oldid=- (Version vom 31.7.2018)