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Ihm war als brause durch seine Adern ein glühender Feuerstrom. Jetzt griff sie in die zarten Saiten der Laute, und besänftigt war die wilde[D 1] Gluth in seinem Innern, es lößte sich sein Herz in Harmonien auf; die Seele verschwamm in den schmelzenden Himmelsakkorden, denn um und unter und über ihn klang und tönte es in seltsamen herrlichen Weisen. Nicht die Worte der Sängerin verstand er, aber er fühlte, daß sie die Freuden der Liebe sang; er sah die Sterne goldne Kreise ziehen, die Wellen schienen sich zum Tanze zu heben, und alle Knospen erschlossen sich in dem Rosenkranze Selindens, die im Silberschimmer des Mondlichts wie ein Engel aus bessern Welten dem Ritter erschien.

Und wie sie schwieg, da war er hingesunken zu ihren Füßen, und blickte, noch immer den verhallenden Klängen lauschend, sie flehend und sehnsüchtig an; sie aber, indem sie ihn sanft aufhob, lispelte: O kniee nicht vor mir, in meines Busens tiefster Tiefe glüht der Liebe heilge Flamme nur für Dich, o laß uns tauschen Liebe um Liebe, Leben um Leben! – Da

Anmerkungen (D)

  1. Druckfehlerberichtung Seite 166: wilde st. milde.
Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Bechstein: Thüringische Volksmährchen. Carl Fleck und Comp., Sondershausen 1823, Seite 22. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bechstein_Th%C3%BCringische_Volksm%C3%A4hrchen_1823.pdf/24&oldid=- (Version vom 31.7.2018)