Seite:Bechstein Thüringische Volksmährchen 1823.pdf/39

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plötzlich des Fräuleins Hand los, die ihn verwundert anblickt, und stürzt zum Saale hinaus, hinab in den Kreis der lärmenden, jauchzenden und taumelnden Knappen. „Siegismar ruft er, als wollte er die Todten aus ihren Gräbern rufen; entsetzt weichen die Knappen zurück, seine Augen blitzen aus dem todtbleichen Gesicht unheimlich umher. Siegismar! ruft er noch einmal; da zeigen mit stummer Geberde die Knappen auf den Boden. Ja, da lag der Würdige, auf der einen Seite unter dem Tische, mit einigen andern Zechbrüdern um die Wette schnarchend. Hastig reißt ihn der Ritter empor, und schüttelt ihn. „Wo ist mein Pferd! ruft er dem Erwachenden donnernd ins Ohr, der aber reibt sich die Augen, und lallt mit gebrochener Stimme: Das – weiß ich – eigentlich – nicht. Da läßt ihn der Ritter unsanft fallen, nimmt selbst eine Leuchte, eilt nach dem Stalle, findet bald sein Pferd, zieht es hervor, schwingt sich darauf, ruft mit lauter Stimme dem Thorwächter zu, das Thor zu öffnen, es geschieht, und wild sprengte der Ritter, aller Waffen baar, ohne Sattel, auf dem Haupt nur das leichte Federbarett, von dannen.

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Ludwig Bechstein: Thüringische Volksmährchen. Carl Fleck und Comp., Sondershausen 1823, Seite 37. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bechstein_Th%C3%BCringische_Volksm%C3%A4hrchen_1823.pdf/39&oldid=- (Version vom 31.7.2018)