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zu bieten, schiffte, nachdem er Burg und Gebiet der Obhut eines treuen Freundes übergeben hatte, mit einem einzigen Knappen, welcher ihn durchaus nicht verlassen wollte, über die See, und landete wohlgemuth an Preußens Küste. Längst hatte der Ruf ihm Deutschlands Ritterschaft als herrlich blühend und grünend geschildert, und er fand, daß man ihn nicht zuviel erzählt hatte. Herrlich ragte aber auch in jedem Turnier der kühne schlanke Nordlandsheld hervor, der in der Blüthe der Jugend und Kraft, er hatte vierundzwanzigmal den Eichbaum sich belauben gesehn, den Kampf mit keinem Ritter scheute, und wenn er in der dunkeln Stahlrüstung, von schwarzen Federn den Helm umwallt, die Rennbahn durchflog, oder im Lanzenstechen jeden Gegner in den Sand streckte, da weilte manches schöne Auge länger auf ihn, und mancher Dank, von zarten Händen freudig dargereicht, ward dem stattlichen Sieger zu Theil. Es hatten aber der Liebe goldne Sonnen sein Herz mit ihrer Seligkeit noch nicht durchglüht, und er hatte den Zaubertrank noch nicht gekostet, welcher den Jüngling, nippt er nur erst einmal davon, auf immer zu Amors Sclaven macht.

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Ludwig Bechstein: Thüringische Volksmährchen. Carl Fleck und Comp., Sondershausen 1823, Seite 6. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bechstein_Th%C3%BCringische_Volksm%C3%A4hrchen_1823.pdf/8&oldid=- (Version vom 31.7.2018)