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„Freude, schöner Götterfunken, Tochter aus Elysium“ singt. Ein geräuschvoller, kurzer Instrumentalauslaß beschließt darauf das Ganze S. 226.

Soll ich dieser hoffentlich klaren Darlegung des großen Satzes meine Meinung von der Symphonie zusammenstellen, so ist sie folgende:

Der erste Satz meisterhaft combinirt, aber, aus Schuld des zu wenig bildsamen Themas, hinsichts der Erfindung, einförmig. Das Scherzo, anfangs interessant, bald aber, gleichfalls aus Schuld des Themas, einförmig. Das Trio anziehend, beide letzten Sätze, vorzüglich das Scherzo, zu lang ausgesponnen. Das Adagio etwas matt *)[1]. Das Finale in der Intention durchweg gegründet und trefflich, meisterlich combinirt, aber hinsichtlich der Erfindung oft gar zu trocken und überhapt zu lang. – Resultat: Das ganze Werk leidet, besonders in Bezug auf seine Ausdehnung, an Einförmigkeit der Erfindung und ermüdet deswegen den Hörer.

Was nun die Ursache sein mag, daß diese Symphonie dem Meister nicht so gelungen, wie seine früheren, ob der Gang seines Genies selbst, ob Ermattung nach so großen Leistungen, ob Einfluß des Gehörmangels oder gar drängende Dürftigkeit, darüber ist keine Gewißheit vorhanden, und weise ich nur noch auf die spätern, dieser Symphonie verwandten Quartette,[WS 1] wie auch schon auf einige frühere Leistungen Beethoven’s hin. – Daß aber selbst nach diesem großen Vorgänger noch in sämmtlichen Fächern der Instrumentalmusik Unerhörtes zu leisten, davon wünscht zum Frommen der Tonkunst allen die Gewißheit.

Berlin.   Herrmann Hirschbach.



  1. *) Wir können durchaus nicht beistimmen. D. Red. [Robert Schumann]




Anmerkungen (Wikisource)

  1. Zu den sogenannten späten Streichquartetten Beethovens verfasste Hirschbach im folgenden Jahr einen mehrteiligen Aufsatz: „Ueber Beethovens letzte Streichquartette“, in: Neue Zeitschrift für Musik, Band 11, 1839, Nr. 2 Seite 5–6, Nr. 3 Seite 9–10, Nr. 4 Seite 13–14 und Nr. 13 Seite 49–51