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Gefährten des hl. Victor. Die übrigen Soldaten wurden in der Victorskirche beigesetzt.“[1]

Die Kritik hat sich nun nicht damit begnügt, einzelne Theile dieser Erzählung anzugreifen. Nein, sie hat die Axt an die Wurzel gelegt und das ganze Martyrium der thebäischen Legion zuerst in Frage gestellt und dann geläugnet. Da nicht nur unbedeutende oder veraltete Schriftsteller gegen die alten Überlieferungen vorangegangen sind, sondern selbst Stolberg sich zu solchen Behauptungen hinreißen ließ, ist es nöthig, hier I. die Wahrheit des Martyriums der thebäischen Legion im Allgemeinen zu beweisen und dann II. zu zeigen, wie insbesondere das Martyrium des hl. Victor zu Xanten hinlänglich beglaubigt ist.[2]

I. Alle Einwürfe gegen die Wahrheit des Martyriums der thebäischen Legion lassen sich auf drei Sätze zurückführen. Die Gegner sagen:

1. Es ist nicht nur unwahrscheinlich, daß orientalische Soldaten als Christen im Abendlande gemartert wurden, sondern noch unglaublicher, daß eine ganze Legion so hingeschlachtet wurde.

2. Der Bericht über ihr Martyrium ist spät und er enthält Thatsachen, die mit der Zeitgeschichte unvereinbar sind.

3. Ältere gewichtigere Schriftsteller wissen nichts von dem Martyrium, welches doch eine so auffallende Thatsache ist, daß alle Welt davon reden mußte.

Prüfen wir jeden dieser Einwürfe.

1. Die Existenz einer thebäischen Legion ist unanfechtbar, weil die Notitia dignitatum[3], ein römischer Staatskalender aus der Zeit nach 425, nicht nur eine, sondern mehrere thebäische Legionen so aufführt,


  1. * Lib. albus p. 36; * Schoen p. 74; Speurath I, § 70, 192; II, § 9; III, S. 48. 51. 53. 55; Jahrb. 3, S. 167; 23, S. 47; 31, S. 110. Tillemont, Baillet, Braun, Weiß und Andere setzen das Martyrium in’s Jahr 286; Baronius erzählt es zum Jahre 297; die Bollandisten schwanken zwischen 286–297. Acta Sanctor. Sept. VI. p. 336; Octob. II. p. 353, n. 92–105. 113; Octob. V. p. 33; Octob. VII. p. 12, n. 9–12.
  2. Stolberg, Geschichte der Religion IX, Nr. 78. Der bedeutendste Gegner ist Jean du Bourdieu (Dubordaeus), Dissertation critique sur le martyre de la legion Thébéenne, Amsterd. 1705. Er ist ausführlich widerlegt durch die Acta Sanctorum Septemb. VI. p. 308–403. 895-926, und durch Jos. de l’Isle, Défense de la vérité de la légion Thébéenne, Nancy 1741. Vgl. Braun, Zur Geschichte der thebäischen Legion, Bonn 1855; Boulacre, Bibliothèque raisonnée 36, und Rochat, Mémoires critiques sur l’histoire ancienne de la Suisse I, p. 557.
  3. Notitia dignitatum, Genevae 1623, p. 212. 180. Acta Sanctorum Sept. VI. p. 331. n. 142 sq.; p. 334 i.
Empfohlene Zitierweise:
Stephan Beissel: Das Martyrthum des hl. Victor und seiner Genossen. Freiburg im Breisgau: Herder, 1889, Seite 3. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Beissel_Das_Martyrthum_des_hl._Victor_und_seiner_Genossen.djvu/3&oldid=- (Version vom 31.7.2018)