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durch Gregor von Tours und Venantius Fortunatus, den Bischof von Poitiers, sowie durch die ganze Tradition der großen Kölner Kirche gewährleistet. Trier kann seine Traditionen bis in’s vierte Jahrhundert herab durch Urkunden und Denkmäler erhärten. Sind aber so diese vier Martyrien kritisch so weit erwiesen, als ein vernünftiger Forscher, der alle Umstände in Erwägung zieht, verlangen kann, warum sollte man dem Xantener mit Zweifelsucht und Unglauben entgegentreten? Kamen die Soldaten dem Rhein entlang bis Köln, dann war Xanten die nächste große Garnisonsstadt, und kein unparteiischer Gelehrter kann es von vorneherein unwahrscheinlich finden, daß auch dort thebäische Soldaten für den Glauben starben.

III. Der indirecte Beweis gibt wenigstens ein negatives Resultat. Er zeigt, daß man nicht schwierig sein darf, das Xantener Martyrium anzunehmen, und daß man an dasselbe glauben muß, sobald nur einige stichhaltige positive Gründe beigebracht werden können. Solcher Gründe gibt es aber viele in den Xantener Traditionen. Diese Traditionen sind also hier darzulegen und zwar so, daß die legendarischen Ausschmückungen vom historischen Kern, auf den es hier allein ankommt, abgeschieden werden.

Die letzten Zeugen der Überlieferungen des Xantener Stiftes sind Pels und de Sandt, die im vorigen Jahrhundert lebten. Ihre Erzählung ist indessen nichts Anderes, als eine Wiederholung der Legende, die der Kanonikus Philipp Schön in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts schrieb. Schön hat, wie es scheint, die Erzählung des Cisterciensers Helinand (c. 1200) benutzt. Helinand selbst konnte die Traditionen des Xantener Stiftes leicht kennen; denn das Kloster Kamp, das seinem Orden angehörte, lag nicht nur nahe bei Xanten, sondern war auch mit dem Victorstifte verbrüdert. Man braucht freilich nicht zu läugnen, daß auch Helinand nicht als Historiker auftritt, sondern als Legendenschreiber. Den historischen Kern, auf den es ankommt, gibt Otto von Freising († 1158), indem er schreibt: „Auch Victor tödtete (der Verfolger) mit 360 Genossen in der Stadt Troja, die jetzt Xanten heißt.“ Etwas ausführlicher findet sich die Thatsache in poetischer Fassung beschrieben im weißen Buche, das aus der Zeit des Otto stammt und die Xantener Fest-Antiphon bringt, die lautet:

„Böse Männer nahten sich dem hl. Victor, der mit seinen Genossen über das Meer gekommen war; dem Rheine entlang zogen sie hinab und kamen gerades Weges zu den Gemarkungen von Troja (Xanten). Da breiteten

Empfohlene Zitierweise:
Stephan Beissel: Das Martyrthum des hl. Victor und seiner Genossen. Herder, Freiburg im Breisgau 1889, Seite 14. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Beissel_Das_Martyrthum_des_hl._Victor_und_seiner_Genossen.djvu/9&oldid=- (Version vom 31.7.2018)