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wurden (Andreae 6 und 7). Diese wohnten zuerst in Nicea inter monumenta sita secus viam, wohl in einer Art Campagnalandschaft zwischen Grabmälern oder Ruinen. Nicht ganz klar sind folgende Erzählungen. Ein Priester Pannichius bei Poitiers wollte mit Freunden Wein trinken. Eine zudringliche Fliege kehrte obwohl mehrmals abgewehrt immer wieder… sensit esse insidiam inimici. Er segnet den Kelch darauf und dieser zerspringt in vier Teile… liquor, qui inerat, elevata in excelso unda, terrae diffunditur, patuit namque manifestissime fuisse haec insidiam inimici (Martyrum 106). Als Theodorich die Auvergne verwüstete, erschien der Abt Partianus als Vermittler in seinem Lager bei Artonne (Riom), traf aber nur den Grafen Sigivald. Der Abt soll durchaus Wein trinken und ihn auch vorher segnen, da zerspringt der Becher und der Wein fließt zur Erde cum inmenso serpente (Patrum V 2). Die Franken danken ihm, daß er auch sie gerettet. Von Vergiftungen scheint in beiden Fällen keine Rede zu sein.

Die mittelalterlichen Drachensagen sind aus biblischen, griechischen und einheimischen, keltisch-germanischen, Teilen zusammengesetzt. Von Drachenkämpfen ist hier nicht die Rede, weil Gregor nicht Heroen sondern Heilige feiert, die die Ungeheuer durch Gebet töten. So Andreas (19): adolescens… rogavit, ut accederet ad agrum ejus, in quo serpens mirae magnitudinis erat, qui totam regionem illam devastabat… Erat enim longitudo ejus quinquaginta cubitorum… Der Apostel wirft ihm das Unheil, das er im Paradiese angerichtet habe, vor und tötet es durch sein Wort. Keltisch dürfte die Sage von den zwei Drachen sein, die Caluppan (Patrum XI 1) in wilder Gebirgslandschaft angreifen und ebenfalls von ihm mit der biblischen Schlange identificiert werden. Der ganze Ton der Erzählung erinnert an die Drachensage im Moniage Guillaume. In Paris tötete Marcellus eine ungeheure Schlange (Conf. 87). Vielleicht dürfen wir hier schon germanischen Einfluß annehmen. Weniger deutlich ist was Amabilis in Clermont that, qui virtutibus magnis saepe serpentibus dicitur imperasse (Conf. 32). Dieser Heilige wird in dem nahen Riom verehrt und man berührte noch im 18. Jahrhundert die von Schlangen Gebissenen mit seinem Zahne (Gaidoz 86). Diese Drachensagen haben sich ungemein zahlreich entwickelt und erhalten. (Vgl. Monnier 136.)

An bekannte Sagen von Einsiedlern und an den Schutz, den die saligen Fräulein den Gemsen gewähren, erinnert die Erzählung von dem Einsiedler Aemilianus in einem Walde der Auvergne… cohabitatores enim bestias avesque illi erant, qui ad eum cotidie tamquam ad Dei famulum confluebant (Patrum XII 1), wenn Gregor etwas Wunderbares dadurch hat ausdrücken wollen. Beachtenswerter dürfte sein, daß alle Tiere ihre Wildheit verlieren, wenn sie in Brioude in die Basilika des h. Julian geführt wurden. Die wildesten Stiere wurden sanft wie Lämmer. Teils beruhte das, wie Gregor angiebt, auf Beobachtung, es mag auch zur Sagenbildung die Vorstellung beigetragen haben, daß Zauberer wilde Tiere schon aus der Ferne bändigen können, um so mehr also der Heilige. v. Alpenburg 311: Ein unbändiger Stier raste auf der Alpe Verwall. Der Besitzer verkauft ihn spottbillig an einen Zauberer. Dieser schickt einen zwölfjährigen Knaben zur Alpe, von dem sich der Stier ganz folgsam lenken ließ. Verwall liegt bei Schuan an der Arlbergstraße. In Auch kehrten Bienen, welche wild geworden waren, nach Anrufung des heiligen Martin sogleich in den Garten des Besitzers zurück, und das gewonnene Wachs zeigte sich wie es scheint als heilkräftig gegen Rückenschmerzen (Martini IV 15).