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Walther Kabel: Berühmte Piepenmeister (Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Band 9)

„Donnerwetter! Ihr Lümmels da drüben!“ flucht er. „Euch soll ja gliek der Düwel halen! Ick will ju liehren, den ollen Blücher de Piep vört Mul wegtoscheeten! – Hennemann! Stopp mich man ’ne neue Piep, brenn se an un wart hier uff mir.“

Mit diesen Worten sprengt der alte Eisenfresser davon, und es sollte ein langes Warten werden. Die Franzosen hielten stand und ließen sich so schnell nicht aus ihren Stellungen verjagen. Bis in die Nacht hinein währte das Ringen.

Nach gewonnener Schlacht trafen sich die beiden Sieger, Blücher und Wellington, und reichten sich freudig bewegt die Hände. Im Laufe des Gesprächs fragte dann Wellington, von welcher Stelle aus der Marschall die erste Angriffsbewegung geleitet habe. Blücher, der nie ein Freund von vielen Worten war, erwiderte nur: „Kommen Sie – dort drüben!“ gab seinem Pferde die Sporen und sprengte, von Wellington gefolgt, davon. So gelangten sie an den Ort, wo Blücher die Pfeife zerschmettert worden war.

Aber – was ist das? Wahrhaftig, da steht noch der treue Mecklenburger! Den Kopf und einen Arm verbunden, raucht er ruhig seine Tonpfeife.

„Dunner noch eenmal! Dat is jo min Krischan!“ fährt Blücher erstaunt auf. „Kierl, wie sühst du aus?“

Der Diener guckt seinen Herrn eine Weile mürrisch und böse an. „Kommen Sie endlich?“ fragt er dann in vorwurfsvollem Ton. „Den ganzen Tag habe ich hier gestanden und gewartet; eine Pfeife nach der anderen haben mir die verdammten Franzosen vons Maul weggeschossen. Einmal hat mir sogar eine bleierne Bohne ein Stück vom Ohr gerissen, un die Faust da wird woll auch zum Düwel gehn. Dat is die letzte ganze Piep!“

Damit reichte er Blücher die brennende Pfeife hin. Der stecke sie sofort in den Mund und schmauchte behaglich weiter. Dann wandte er sich an seinen standhaften Hennemann und meinte tröstend: „Armer Christian, es is wahr: ick habe dir lange warten lassen. Aber siehst du – de Kierls wullten jo nich glick loopen!“

W. K.
Empfohlene Zitierweise:
Walther Kabel: Berühmte Piepenmeister (Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Band 9). Union Deutsche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, Berlin, Leipzig 1915, Seite 239. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ber%C3%BChmte_Piepenmeister.pdf/5&oldid=- (Version vom 31.7.2018)