Seite:Berens Geschichte der Berens in Riga 1812 035.png

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Er erlebte das höchst unglückliche 1770ste Jahr der schrecklichen Pest und des Aufruhrs in Moskau, bewahrte aber doch das Vermögen seines Kompagnons, da während der Pest und der Unruhen aller Handlungs-Verkehr nicht allein dort gänzlich stille lag, sondern auch den größten Gefahren ausgesetzt war; indem er selbst als russisch gestalteter Kaufmann mitten unter den Aufrührern sich öfters befand, und seinen Brüdern hier und dort beständig über den gefahrvollen Zustand in Moskau getreue Nachrichten gab. Mit dem ersten Anfange der so wohlthätigen Kälte hörte indeß das fürchterliche Sterben der Einwohner in um Moskau[a 1] auf, so daß am Ende des 1770sten Jahres fast keiner mehr von dieser scharfen Sichel des Todes getroffen ward. Indeß hatte ich nicht das Glück, diesen gleichfalls rechtlichen und äußerst thätigen Bruder, nach meinem Studiren im Auslande, zu umarmen, indem er kurz vor meiner Ankunft, im März 1772, zu Moskau, an einem hitzigen Fieber gestorben war. Auf diesen Bruder folgten noch zwei andere, Peter und Georg Berens. Ungeachtet seiner schwächlichen Gesundheit und seiner Gebrechlichkeit war jener dennoch, mit dem noch lebenden, der treue Gehülfe unsers väterlichen Bruders Carl, in seiner so ausgebreiteten, wichtigen Handlung, und so hatten auch Beide an seinem hinterlassenen Vermögen den gerechtesten Antheil. Jenen, der sich bis in ein spätes Alter, mit seinem allmälig schwindenden Körper und schwachen Geiste, zu Zeiten noch des erheiternden Frohsinns eines gutmüthigen, edlen Herzens erfreute, mögte ich hier zur Erinnerung seinen hiesigen Verwandten und Freunden zurückrufen; diesen noch lebenden, der an Schwachheit eines hohen Alters und seit 3 Jahren an schmerzlichen Zufällen leidet, christliche Geduld und Tröstung vom gnädigen Himmel erflehen.

Der vorletzte Bruder, mit dem ich von Jugend auf und bis an seinen Tod in steter vertrauter Verbindung stand, hieß Adam Heinrich. Nach dem Tode unserer guten Mutter, da der Nachlaß getheilt und für die jüngsten Unmündigen gesorgt werden mußte, kam er zu unserm Schwager Gottfried Berens. In den Klassen des damaligen Lyceums waren wir einige Jahre sehr brüderlich beisammen, aber nur bis zur zweiten Klasse konnte er dem Trieb zum Militair widerstehen, und so übergab er sich im 15ten Jahre seines Alters dem Soldatenstande,

  1. lies: in und um Moskau.
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Reinhold Berens: Geschichte der Berens in Riga. Riga: Julius Conrad Daniel Müller, 1812, Seite 35. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Berens_Geschichte_der_Berens_in_Riga_1812_035.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)