Seite:Berens Geschichte der Berens in Riga 1812 051.png

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Düna auf, stürzte sich zuerst in ungeheuren aufgethürmten Massen auf die starken Querdämme, als den Kriednerischen, und ehe sie noch dieselben durchbrechen konnte, wurde das Wasser zu einer großen Höhe in der oberen Düna gestaut; machte von beiden Seiten eine schreckliche Ueberschwemmung; riß von beiden Ufern ganze Städte, als Jacobs- und Friedrichsstadt, Dörfer und Gesinde mit Menschen und Vieh, überraschend mit sich fort, brach bei Kirchholm das schwache Düna-Ufer durch, und nahm den Lauf mit schweren Eismassen über die Niedrigung, oder einen alten Arm der Düna durch den ganz neu erbauten Stubbenseeschen Mühlendamm, riß die Mühle mit sich fort, überschwemmte die ganze Gegend bis zum Jägelsee, wo die Fluth sich hineinstürzte, und so beim Mühlgraben mit der untern Düna sich wieder vereinigte. Endlich durchbrach auch diese hohe Wasser- und Eismasse die Kriednerschen und Kattlakallnschen Querdämme, und mußte durch das geengte Flußbette, zwischen den beiden Ufern der Poderagge und des Catharinendamms, wo die Eisdecke noch nicht gebrochen war, und sehr stark sich widersetzte, weiter fortschreiten. Dieser Widerstand machte nun die große Stauung des Wassers, und schreckliche Ueberschwemmung vor den Mauern der Stadt selbst; der Strom suchte an allen Seiten seinen Durchfluß, durchbrach auch die Vereinigungs-Mauer der Citadelle mit der Stadt, überschwemmte selbige, riß alle Communikations-Brücken weg, und so kam das Wasser aus dem Citadell-Graben bei der Jakobs-Pforte in die Stadt selbst, ergoß sich von dieser Seite in alle Niedrigungen, besonders in den Domsgang und in die Kirche, bis zu einer großen Höhe, die daselbst auf einer metallenen Platte angezeigt ist. Nur noch einen Fuß höher an den Wällen der Dünaseite: so wäre die ganze Stadt mit allen Vorstädten in die größte Wassernoth gerathen. Jedoch in dieser höchsten Gefahr war auch die hülfreiche Vorsichtshand am nächsten; denn die größte Kraft des hohen Wassers mit der gewaltigen Eismasse brach durch jene beiden Dämme des geengten Flußbettes, und schaffte sich selbst wieder den alten Ausgang in die weite See. So soll der Mensch nicht Herrscher über die Natur, sondern vielmehr ihr folgsamer Diener, Leiter und aufmerksamer Beobachter, zu seiner eigenen Wohlfahrt, seyn wollen. In dieser schrecklichen Katastrophe war ich zwar nicht selbst in der

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Reinhold Berens: Geschichte der Berens in Riga. Riga: Julius Conrad Daniel Müller, 1812, Seite 51. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Berens_Geschichte_der_Berens_in_Riga_1812_051.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)