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Führer des Volks, rächte sich an den Obersten zu Senhot, die ihm etwas Proviant verweigert hatten, soldatisch; Galgen und Rad, Schwert und Feuer waren zu schlecht; sie wurden mit Dornen gedroschen und zerrissen – gleichwohl war es recht vor den göttlichen Augen. Der königliche Prophet David, ein Mann nach dem Herzen Gottes, inventierte die grausamsten Martern über die schon überwundenen Kinder Ammon zu Rabboth: er ließ sie mit Säbeln zerschneiden, mit eisernen Wagen über sie fahren, zerschnitt sie mit Messern, zog sie herdurch wie man Ziegelsteine formieret, und also that er in allen Städten der Kinder Ammon, Ferner hat –“

„Das ist greulich, das ist abscheulich!“ unterbrach der Oberpfarrer. „Nur einem rohen Söldling aus der verwilderten Zeit des 30 jährigen Krieges sieht es gleich, solche Beispiele aus der Bibel heranzuziehen, um darauf die Berechtigung der Grausamkeit gegen den Feind zu stützen. Wir verkünden jetzt ganz andere Lehren: im Kriege darf weiter nichts erstrebt werden, als die Unschädlichmachung des Gegners – bis zum Tode – ohne böswillige Absicht gegen das Leben eines Einzelnen. Tritt solche Absicht, oder gar Mordlust und Grausamkeit gegen Wehrlose ein, dann ist das Töten im Kriege gerade so unmoralisch und unzulässig wie im Frieden. Ja, in vergangenen Jahrhunderten, wo Landknechtsführer und fahrendes Volk den Krieg als Handwerk betrieben, da konnte der Oberststückhauptmann solches schreiben; aber heutzutage wird nicht für Sold und Beute und nicht ohne zu wissen, gegen wen und warum, zu Felde gezogen, sondern für die höchsten idealen Güter der Menschheit – für Freiheit, Selbstständigkeit, Nationalität – für Recht, Glaube, Ehre, Zucht und Sitte …“

Empfohlene Zitierweise:
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. E. Pierson’s Verlag, Dresden/Leipzig 1899, Band 2, Seite 189. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_2).djvu/194&oldid=- (Version vom 23.6.2018)