Seite:Beschreibung des Oberamts Kuenzelsau II 596.jpg

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umgeben; die Mariannenvorstadt läßt sich heute noch als die von ihrem Erbauer projektirte Stätte der Gewerbe erkennen. Im oberen Theil der Altstadt mit seinen alten Holzbauten ist die weinbautreibende Bevölkerung seßhaft, während der unteren Hauptstraße der Altstadt die alten Regierungsgebäude, der Sitz der Hofkammer und des Konsistoriums (Knellers Haus) ihren Charakter aufprägen.

Die Altstadt war von einer Mauer, von der sich ein guter Theil erhalten hat, und Thürmen (bei der Kirche und beim obern Schloß noch erhalten), umgeben und hatte 3 Thore, das obere, das Steuber- oder Staiberthor gegen Künzelsau und das Kirchenthor gegen Niedernhall. Der Name des Steuberthores ist noch dunkel, es ist jetzt abgebrochen; das obere Thor steht noch.

Sein jetziges Aussehen verdankt Ingelfingen hauptsächlich Graf Christian Kraft und Fürst Friedrich Ludwig. Von ersterem sagt das Todtenregister: Ingelfingam luteam accepit, lapideam reliquit.

Am westlichen Ende der Stadt steht die schöne Kirche zum heil. Nikolaus, wohl eine Komburger Stiftung (Patron des Kl. Komburg ist der hl. Nikolaus). Den Grundstock bildete eine romanische Kapelle, deren Thurm mit seinen gekuppelten Fenstern im Übergangsstil noch erhalten ist. Von dieser Kapelle stammt auch der Stein, welchen Wibel 1, 7, 8 für einen römischen Denkstein hielt. Derselbe ist an der inneren Nordwand des Schiffes eingemauert und der Rest einer Darstellung der Auferstehung Christi. Die Arbeit ist roh. Es läßt sich noch eine Engelsgestalt und einer der Hüter mit dem Schwert unterscheiden.

Ende des 15. Jahrhunderts, als Ingelfingen Sitz des Ruralkapitels geworden, reichte die alte Kirche, welche vom Gottesacker umgeben war, nicht mehr aus. Der Thurm wurde nach Osten durchbrochen und ein großer Chor in edlem spätgothischem Stil angebaut. Der Erbauer ist ohne Zweifel Kraft von Hohenlohe mit seiner Gemahlin Helene von Württemberg, deren Wappen auf zwei Schlußsteinen des Chorgewölbes dargestellt sind. Sie sind auch die Stifter der sehr schönen Glasgemälde in den Chorfenstern, welche die Krönung, Anbetung der Maria durch Graf Kraft im Harnisch ohne Helm mit dem Rosenkranz und seine Gemahlin darstellt. Über den Knieenden schwebt ein Spruchband mit der Inschrift: o maria iunc (fraw) rein bit vor uns mit der gemein. Das mittlere Chorfenster stellt einen Bischof mit einem Stab und den Kugeln, den

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Julius Hartmann und Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Künzelsau. Kohlhammer, Stuttgart 1883, Seite 596. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Beschreibung_des_Oberamts_Kuenzelsau_II_596.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)