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ist zwar bei günstigen Weinjahren gesichert, aber in Folge mehrerer Fehljahre nothdürftig. Der vermöglichste Einwohner besitzt ca. 8 Hektar, der Mittelmann 3, die ärmere Klasse oft kaum 25 Ar. Auf angrenzenden Markungen besitzen die Ortsbürger ca. 70 Hektar.

Gewerbe sind ziemlich vollständig vorhanden. Über die industriellen Unternehmungen des Fürsten Friedrich Ludwig s. unten. Seit 1872 wird eine Goldwarenfabrik mit Erfolg betrieben. Von 1786–1846 bestand eine Gewehrfabrik von Körber, welche vortreffliche Gewehre lieferte und besonders nach Bayern starken Absatz hatte. Württ. Jahrb. 1836, 358. Gegenwärtig blüht das Geschäft eines Feinmechanikers hier. Unter den Handwerkern sind die Schuhmacher am zahlreichsten vertreten. Es bestehen 5 Schildwirthschaften und eine Bierbrauerei mit Wirthschaftsgerechtigkeit. Kaufleute sind 3, Krämer 2 vorhanden. Die Wasserkraft des Kochers wird nur von einer Mahlmühle mit 1 Gerbgang, 3 Mahlgängen und 1 Ölgang benützt. Die früher unterhalb des Kirchhofs bestandene Kesselmühle wurde 1610 nach Übereinkunft mit Graf Wolfgang abgebrochen. Den Hauptverkehr vermittelt die Kocherthalstraße nach Künzelsau und Niedernhall. Eine weitere Vizinalstraße führt nach Diebach mit Abzweigungen nach Dörrenzimmern und Hermuthausen. Die steinerne Brücke über den Kocher wie die über den Bach sammt den beiden Stegen über den letzteren hat die Stadt zu unterhalten.

Auf der ausgedehnten Markung mit mittelergiebigem Boden ist der Anbau wegen des zerschnittenen Terrains an den Thalwänden des Kochers mühsam.

Der Weinbau ist sehr ausgedehnt. Auf den Morgen kommen 4000 Stöcke, welche im Winter bezogen werden. Die beliebtesten Sorten sind Silvaner, Junker, d. h. Gutedel, Veltliner, Trollinger (gen. Taubenglaser). Die besten Lagen sind Hahnenberg, krummer Stein und Belsenberger Weg. Der Morgen gibt in guten Jahren 24 Hektoliter. Der „Ingelfinger“ ist einer der besten des Kocherthals. Die Weinpreise der letzten zehn Jahre schwankten zwischen 20–80 M. Der Wein hat sein Absatzgebiet in ganz Württemberg, bleibt aber meist in der Nachbarschaft.

Der Morgen Acker gilt von 340–1700 M., Wiesen von 680–1700 M., Weinberge von 510–2600 M.

Die Obstzucht ist im Steigen begriffen. Auf der Markung befindet sich die blühende Baumschule in Lipfersberg mit ihrem

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Julius Hartmann und Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Künzelsau. Kohlhammer, Stuttgart 1883, Seite 601. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Beschreibung_des_Oberamts_Kuenzelsau_II_601.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)