Seite:Beschreibung des Oberamts Kuenzelsau II 718.jpg

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An der Schule steht ein Lehrer. Außerdem besteht eine Industrieschule.

Zwei Keltern mit 10 Bäumen sind vorhanden. An der Schloßkelter steht die Jahrzahl 1701, in welchem Jahr sie erbaut wurde. Von der alten Burg, die schon 1282 als castrum erwähnt wird, ist der Burggraben, die Brücke und der untere Theil des Nordwestthurms erhalten. Am 30. Jan. 1822 stürzte der obere Theil des 120′ hohen Thurmes, der aus 4 Fuß dicken Quadern gebaut war, ein, zerschmetterte eine Wohnung, zwei Menschen wurden getödtet, einer schwer, einer leicht verwundet. Auf der Area der Burg befinden sich einige ärmliche Wohnungen von Israeliten.

Am Eingang des Dorfs unten am Berg steht die Synagoge, ein bescheidenes Gotteshaus.

Stattlich groß, im Renaissancestil gebaut, steht mitten im Dorf das alte mainzische Haus mit hübschem Erker, jetzt das Eigenthum von Israeliten.

Der christliche Gottesacker liegt außerhalb des Dorfes am Wege nach Garnberg. Derselbe wurde 1877 neu angelegt. Die Leichen der Israeliten werden in Berlichingen begraben.

Der Ort ist jederzeit mit gutem Wasser versehen. Die Markung ist reich an guten Quellen. Seen sind derzeit keine vorhanden, doch deutet der Name des Seebronnens auf einen solchen hin.

Am Fuße von Nagelsberg ergießt sich der von Norden kommende Deubach („die Deubach“) in den Kocher.

Über den Deubach führen zwei steinerne und eine eiserne Brücke, für deren Unterhaltung theils die Gemeinde, theils die Amtskörperschaft aufkommt.

Dem Verkehre dienen die schöne Staatsstraße von Künzelsau über Hohebach nach Mergentheim und die Straße nach Ingelfingen-Schönthal, welche im Kocherthal unterhalb Nagelsberg hinziehen.

Eine hübsche Aussicht genießt man vom Schloßberg auf das Kocherthal bis gegen Niedernhall und vom Bux aus auf die Waldenburger Berge und die Kupferzeller Ebene.

Wahrscheinlich gab es bei der vielfach wechselnden Bevölkerung, unter der früher die Israeliten einen starken Prozentsatz ausmachten, nie eine besondere Tracht. In neuerer Zeit hat sich die israelitische Bevölkerung außerordentlich vermindert, da sich die bemittelten Israeliten in die Städte zogen. Der unbemittelte Theil treibt Vieh-, Klein- und Güterhandel. Die christliche Bevölkerung

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Julius Hartmann und Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Künzelsau. Kohlhammer, Stuttgart 1883, Seite 718. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Beschreibung_des_Oberamts_Kuenzelsau_II_718.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)