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36. Niedernhall,
Gemeinde II. Klasse mit 1494 Einw. a) Niedernhall, Stadt, 1437 Einw., wor. 4 Kath., Fil. von Nagelsberg; b) Hermersberg, Weiler, mit Hefenhaus, Haus, 57 Einw., wor. 18 Kath.

Das mittlere unter den fünf hohenlohischen Kocherstädtchen, die wie ein Rosenkranz, nur je durch ein kleines Dorf von einander getrennt, sich auf eine Entfernung von 4 Stunden aneinander reihen, (Künzelsau, Ingelfingen, Niedernhall, Forchtenberg und Sindringen) hat sich nächst Forchtenberg noch am meisten von alterthümlicher Art bewahrt. Wie letzteres auf dem linken Kocherufer an der Einmündung eines kleinen Baches gelegen, bietet es dem thalabwärts kommenden Wanderer mit seiner Reihe hoher Pappeln, der ehemaligen Saline, einem stattlichen Fabrikgebäude auf dem rechten Kocherufer, seinen wohlerhaltenen Mauern und Thürmen und dem Kranz von waldgekrönten, theilweise rebenbewachsenen Höhen ein sehr freundliches Bild dar. Das Klima ist verhältnismäßig mild. Gegen starke Winde schützen die umgebenden Höhen. Hagelschlag ist selten, Herbstnebel und Frühlingsfröste nichts außergewöhnliches. Das Hochholz im Osten der Stadt bildet für die ganze Gegend eine Wetterscheide.

Die Altstadt ist in ihrem Mauerring eng zusammengebaut, die Häuser meist nicht ansehnlich, aber so recht das Gepräge der alterthümlichen Bauart an sich tragend. Die gerade, breite Hauptstraße, welche als Hauptverkehrsader die Stadt in der Mitte durchschneidet, ist mit Kandeln versehen und in gutem Zustand, die Nebengassen sind, wie in den meisten alten Städtchen, eng, winkelig, zwar gekandelt, aber bei der flachen Lage des Ortes und dem starken Betrieb der Landwirthschaft nicht sehr reinlich. Einige alte Giebelhäuser lassen noch die Bedeutung ahnen, welche Niedernhall einst als Salzstadt und Adelsstadt hatte. Wohnten doch die Rinderbach, Morstein, Neuenstein, Senfte von Sulburg, die Herren von Berlichingen und vom Holz hier. Besonders ansehnlich ist an dem untern Stadtthor und der Brücke das Haus, in welchem Götz von Berlichingen seine Jugend zubrachte, ein gewaltiger Holzbau mit mächtigem Giebel, an dem die Jahreszahl 1572 zu lesen ist, und theilweise erhaltener Freskomalerei. Über der Hausthüre steht die Zahl 1564. Ein weiterer alterthümlicher Bau mit Stuckaturdecken

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann und Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Künzelsau. Kohlhammer, Stuttgart 1883, Seite B 36. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Beschreibung_des_Oberamts_Kuenzelsau_II_727.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)