Seite:Beschreibung des Oberamts Kuenzelsau II 771.jpg

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den Vorhof in eine kleine, auf zwei Seiten offene Halle endigt. Ein Kreuzgewölbe bedeckt sie, über ihrem östlichen Bogen trägt eine Steintafel wieder das Wappen des Abtes Fuchs und F. A. Z. S. 1621. Rechts von der ehemaligen Pförtnerswohnung und mit ihr verbunden streckt sich lang hin ein Gebäude, der frühere Offiziantenbau, über einer Thüre wieder mit 1621. Der Kameralamtsdiener und der Seminararzt bewohnen jetzt diesen Bau. Im Vorhof zur Linken steht die Kilianskapelle, ein Kirchlein, worin, wie in der in Trümmern liegenden Dreifaltigkeitskapelle in Maulbronn, die in den Vorhof eingelassenen Fremden, sowie einige Tage im Jahr auch Frauen Zutritt hatten. Glücklicherweise blieb es erhalten. An der Westseite ist das Portal durch eine große Einfahrt zerstört, aber die Spitzbogenfenster der nördlichen Langseite und die der Nordseite des Chors zeigen streng schönes frühgothisches Maßwerk mit Sechsblattrosetten. Auf dem Westgiebel sitzt eine schöne große doppelte Kreuzblume und über dem quadratischen Chor, der ursprünglich wohl einen schlanken Dachreiter trug, steigt jetzt ein dreistockiger Thurm mit spitzem vierseitigem Helm auf, erbaut im Jahr 1620 noch im gothischen Stil. Die Jahreszahl steht über dem nördlichen Schallfenster des dritten Stockwerks, weiter unten hält ein Engel den Cisterzienserschild. Das Innere, jetzt Magazin, hat im Schiff eine flache Holzbalkendecke, im Chor ein kraftvolles Rippenkreuzgewölbe mit Blätterschlußstein. Der Bau zählt zu den tüchtigsten frühgothischen unseres Landes und ist eine der wenigen noch erhaltenen Vorhofkapellen der Cisterzienserklöster.

In derselben befindet sich das Grabdenkmal des schönthalischen Syndikus Ritter und an der Außenwand im Ephoratsgarten das der Klosterapothekerin Anna Maria Stroblin und ihres Mannes J. A. Strobl, mit der Inschrift: Im Jahr Christi 1722 den 28. Juni in Vig. SS. App. Petri et Pauli starb die wohl ehr- und tugendsam Frau Anna Maria Stroblin, dieses Reichsfreien Gotteshauses gewesene Apothekerin und Familiarin, liegt allhier begraben.

An den christlichen Leser.

Du bist, was ich gewesen.
Ich bin, was du wirst werden.
So stirbt ein jeder Mensch dahin
Und wird zu Staub und Erden,
Du bist der Nächste beim Termin
Sambt andern Reißgefährten.

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann und Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Künzelsau. Kohlhammer, Stuttgart 1883, Seite 771. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Beschreibung_des_Oberamts_Kuenzelsau_II_771.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)