Seite:Beschreibung des Oberamts Kuenzelsau II 773.jpg

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und die Gelasse für die Gemeindebehörden. Oben eine reichgeschnitzte, aber beschädigte Holzthüre in Spätrenaissancegeschmack; an der Ostseite ein Anbau seit 1694 mit dem Archiv des Klosters, jetzt mit dem Ortsgefängnis. Die alte Abtei schließt mit der Pistorei (Bäckerei) zusammen auf der Nord-, West- und Südseite einen großen Hof vor der neuen Abtei, in dessen Mitte ein Röhrenbrunnen steht, der 1589 von Abt Johann Lurtz errichtet wurde. Der Mohr, welcher denselben ziert, erinnert an den letzten Abt Maurus; am gußeisernen Trog Wappen von Schönthal und des Abts mit M. A. S. und die Jahreszahl 1787.

Die Südwestecke des Hofes bildet nun die Pistorei und Mühle mit den senkrecht darauf stoßenden Wirthschaftsgebäuden, die Giebel schmücken zwei prächtige Kreuzblumen. Die Pistorei wurde von dem überaus bauthätigen Abt Johann 1584 errichtet, welcher das Mühlwehr neu anlegte und die Mühle von Grund aus neu aufführte (Donauesch. Chr.). Die Fortsetzung der Pistorei und Mühle bildet der Knechtsbau, zu dem eine Durchfahrt durch die großen senkrecht an die Pistorei stoßenden Wirthschaftsgebäude führt. Der Knechtsbau enthält schöne gewölbte, mit toskanischen Säulen durchstellte Stallungen und die Wohnungen von Wagner, Schneider, Sattler und Schuhmacher. Daneben steht eine ungeheure Scheune mit Stallung, an welche sich der ehemalige Zuhaukeller des Klosters, das Schlachthaus, anschließt. Der Südseite der Ringmauer entlang laufen die Ökonomiegebäude, die Brauerei, Brennerei und Wirthschaft, welche zur Staatsdomäne gehören. An der Bierbrauerei das Wappen von Cisterz und die Jahreszahl 1747, an der Thür 1786. An der Scheune hübsche Inschrifttafel mit 1697.

Zwischen dem Südwest- und Südostflügel der neuen Abtei befindet sich der sog. Gläsereibau, jetzt Wohnung des Steuerwächters u. A. Doch es ist Zeit, daß wir uns zum Mittelpunkt der ganzen großen Klosteranlage wenden: zur Kirche und dem neuen Abtei- und Konventsgebäude.


Die Kirche. Am 27. Februar 1708 begann man das Fundament zum neuen Kirchenbau zu graben und am 10. Mai weihte Abt Benedikt in Anwesenheit des ganzen Konvents den ersten Stein. Der Grundstein liegt an der Ecke des Thurmes gegen den Ziehbrunnen hin. (Über die Baugeschichte s. unten.)

Die Kirche hat die Form einer dreischiffigen großen Hallenkirche, über deren Pfeilerreihen sich Flachkuppeln wölben. Ein

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Julius Hartmann und Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Künzelsau. Kohlhammer, Stuttgart 1883, Seite 773. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Beschreibung_des_Oberamts_Kuenzelsau_II_773.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)