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Man hat diese Bildungen Quellen zugeschrieben, welche in den Spalten des oberen Muschelkalks Kalk ausgelöst und denselben hier wieder abgelagert haben. Solche kalkhaltige Wasser bilden Tropfsteine und füllen Klüfte mit späthigem Kalkspath aus, aber sie bilden keinen Tuff. Wir finden daher auch im Kocher- und Jagstthale, in welchem der obere Muschelkalk auf so große Entfernungen in steilen Wänden entblößt ist, nirgends Kalktuffe, welche über dem Anhydritgebirge liegen und von Quellen abgesetzt wären, die aus dem oberen Muschelkalk stammen. Diese Kalktuffe sind vielmehr ausschliesslich als ein Zersetzungsprodukt des Anhydrits anzusehen. Ganz analog, wie hier im mittleren Muschelkalk, bilden sich außerhalb unseres Bezirkes Kalktuffe auch in den Gypsmergeln des unteren Keupers, die also hier von Quellen abgesetzt werden, welche nicht aus einem Kalkgebirge hervorkommen. Hieher gehören die Kalktuffe von Stein am Kocher und von Vellberg an der Bühler. An dem letzteren Orte riechen die Quellen, wie bei Roigheim im Anhydritgebirge, sehr stark nach Schwefelwasserstoff, was ebenfalls auf eine Zersetzung des Gypses hindeutet. Das örtlich so massenhafte Auftreten dieser Kalktuffe und plötzliches Verschwinden derselben erinnert an das analoge Auftreten des Gypses. Der Umstand, daß heute noch über manchen mächtigen Tufffelsen die Quellen herabrieseln, welche diesen Tuff abgesetzt haben, derzeit aber keinen Kalk mehr absetzen, läßt sich nur daraus erklären, daß das betreffende Gypslager nunmehr erschöpft ist.

Eine Darstellung der einzelnen Formationsglieder aus welchen das Gebirge des Bezirkes ausgebaut ist, mußte einem topographisch-geognostischen Überblick vorangehen, um die Lagerung, Verbreitung der Schichten und deren Einfluß auf die Bildung der Oberfläche zeigen zu können.

Die angrenzenden Oberamtsbezirke Neckarsulm, Öhringen, Hall und Gerabronn gehören sämmtlich sowohl dem Muschelkalkplateau als den angrenzenden Keuperbergen an; unser Bezirk dagegen liegt ganz in der Ebene.

Der höchste Punkt des Oberamtes liegt an der Ostgrenze östlich von Zottishofen mit 470 m, der zweithöchste viel weiter nördlich bei Hirschbronn, 461,7 m hoch, beide auf Lettenkohle. Von hier senkt sich die Ebene gegen Westen, wo ebenfalls die Lettenkohle am Thalrand von Künzelsau in den Thaläckern 406 m, bei dem Orte Hermersberg im Hochholz 369,6 m oder im Giebelholz 375,6 m hoch liegt.

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann und Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Künzelsau. Kohlhammer, Stuttgart 1883, Seite 016. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Beschreibung_des_Oberamts_Kuenzelsau_I_016.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)