Seite:Beschreibung des Oberamts Kuenzelsau I 057.jpg

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Welch ein Gegensatz zwischen den kahlen Heiden und Weiden von Schönthal und Bieringen und den grünen Gehängen von Morsbach bis Niedernhall! Dort riesige, todte Steinriegel, hier mit unsäglichem Fleiß gebaute und unterhaltene Weinbergsmauern.

Schon das Mittelalter hat den Unterschied beider Thäler gefühlt. Das Kocherthal ist reicher an Schlössern und wohlerhaltenen Burgruinen als das Jagstthal. (Braunsbach, Döttingen mit Bachenstein, Thierberg, Schloß Stetten, Künzelsau, Garnberg, Nagelsberg, Zarge, Kocherstein, Ingelfingen, Lichteneck und die altadeligen Häuser von Niedernhall – dagegen Buchenbach, Jagstberg, Dörzbach, Krautheim (bad.), Berlichingen, in den Seitenthälern der Jagst: Meßbach, Laibach, Aschhausen.)

In Einem aber ist die Jagst ihrem Schwesterfluß während des Laufs durch den Bezirk überlegen: ihr Flußgebiet ist reicher entwickelt und größer. Der Kocher nimmt seine bedeutenderen Nebenflüsse Bühler, Kupfer, Sall, Ohrn außerhalb des Bezirks auf, dagegen bilden die Zuflüsse der Jagst auf dem rechten und linken Ufer ganz ansehnliche Thäler und Thälchen.

Machen wir eine Wanderung durch den Bezirk (nach Riehls Regel flußabwärts) und beginnen im Südosten unterhalb des herrlich gelegenen Schlosses Langenburg mit seinem schönen Blick auf Bächlingen und das durch seine Reste einer Kirche der karolingischen Zeit bekannt gewordene Regenbach. Wir finden die Jagst beim Eintritt in den Bezirk in einem engen von waldgekrönten, steilen Höhen umgebenen Wiesenthal. Bei Eberbach öffnet sich ein Blick in das Röthelbachthal, dem seine Tannen das Ansehen eines Schwarzwaldthälchens geben. Bald winkt das alte epheubewachsene Steinhaus von Buchenbach mit seinem Thurm auf einem Bergvorsprung zur Linken und ihm gegenüber die alterthümliche Kirche. Das Thal wird weiter und weicher. Der Weg, nun auf dem linken Ufer, führt an den beiden Weilern Berndshofen und Heimhausen, den Schlußpunkten von 2 wilden, mit Nadelholz bestandenen Wasserrinnen, (dem Speltbach und einem namenlosen Bach), Schweizertobeln nicht unähnlich, vorbei. Aufs rechte Ufer übergehend scheint uns das Flußthal gesperrt durch einen scharf angerissenen Riegel, den die Jagst mit Hilfe des Lausenbachs durchbrochen. Zu unsern Füßen liegt der rührige Marktflecken Mulfingen, beherrscht von seiner schön restaurirten Kirche, theils an eine Bergwand angelehnt, theils ins Roggelshäuser Thal eingebettet. Jenseits der Jagst ragt aus hohen Pappeln und andern Baumriesen das Thürmchen der gothischen Wallfahrtskapelle

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Julius Hartmann und Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Künzelsau. Kohlhammer, Stuttgart 1883, Seite 057. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Beschreibung_des_Oberamts_Kuenzelsau_I_057.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)