Seite:Beschreibung des Oberamts Kuenzelsau I 058.jpg

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St. Anna mit ihrer Gnadenquelle. Von schroffer Höhe schaut stolz das einstige Städtchen Jagstberg mit den Resten seiner uralten Herrenburg, seinem Pfarrhaus und seiner Rococcokirche herunter. Das Thal wird einförmiger, die Weinberge verschwinden bei der Mündung der Ette; Wiesen im Thal, Wald auf der linken, der steile wenig fruchtbare Kallenberg mit seinem Gebüsch, seinen langen Steinriegeln und kleinen stets Geröll zu Thal fördernden Bächen zur Rechten begleiten die Thalstraße nach Ailringen. Wir steigen von Mulfingen durch die Weinberge hinan und genießen noch einmal den Blick auf das friedliche Thal und das gegenüberliegende Jagstberg. Vor uns liegt die fränkische Hochebene, die sich bis zur Tauber erstreckt und den größten Theil des O.-Amts Gerabronn bildet, ein welliges Ackerland, wechselnd mit zusammenhängenden Wäldern. Hinter Simprechtshausen bietet die hohe Straße an ihrer Kreuzung mit der Straße Langenburg-Bartenstein eine prächtige Rundsicht. Gegen Westen schaut das Auge hinter dem mit Weilern und Höfen besäten Rücken zwischen Kocher und Jagst die ganze Reihe der Waldenburger und Löwensteiner Berge mit dem Wahrzeichen des ganzen Frankenlands, dem vielthürmigen Waldenburg, und ferne am Horizont den Odenwald mit der edelgeformten Pyramide des Katzenbuckels. Von Süden blickt das alterthümliche Langenburg so eigenartig herüber, als läge es mitten im tiefen Waldesdunkel, von Norden die hochgelegenen Weiler Ochsenthal und Mäusberg, während im Osten der prächtige Wald Hegenest das Landschaftsbild abschließt.

Über den schön gebauten, wohlhabenden Weiler Wittmersklingen gelangen wir an den Rand des kahlen, steinreichen Ettethales. Jenseits winkt der spitze Kirchthurm von Riedbach, nach Osten die Blechkappe des in einer Mulde versteckten Thurms von Herrenthierbach. Auf der steilen Thalstraße sehen wir bald vor uns das malerisch gelegene Ettenhausen und Bartenstein. Das enge Thal bietet keinen Raum für das Dorf, die Häuser ziehen sich wie die eines Schweizerdorfs an der Bergwand hinan, welche auf der Südseite die hübsche Kirche mit dem ansehnlichen Schulhaus beherrscht, während auf der äußersten Bergzunge gegen Nordwesten das mächtige, vielfenstrige Schloß Bartenstein in modernem Stil mit der Häuserreihe des Städtchens in das Thal herniederschaut.

Wir folgen dem muntern Ettebach, dessen Thal fruchtbarer wird. Weinberge zeigen sich an den Gehängen zur Rechten.

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann und Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Künzelsau. Kohlhammer, Stuttgart 1883, Seite 058. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Beschreibung_des_Oberamts_Kuenzelsau_I_058.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)