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3. Zwerge, Wasserfräulein, Weiße Frau.

In Niedernhall haust das Keltermännchen in der größten Kelter. Klopft es Nachts an die Fäßer, so kommt ein guter Herbst. Im alten Salzwerk schreckte der Haalgeist wie in Schw. Hall Sieder und Bergleute. Im Ginsthal kennt man den hilfreichen „Gorenwickler“, der den Mädchen das Garn wickeln hilft.

Wasserfräulein hausten in Sindeldorf im Frauenbrünnele, wo man die kleinen Kinder holt, im Erlenbach bei Bieringen, wo 3 weiße Gestalten zu gewissen Zeiten eine schwere Kiste aus dem Bach ziehen, die aber immer wieder mit ihrem kostbaren Inhalt in den Bach zurücksinkt, (Meier, Sagen) bei Mulfingen in einer tiefen Stelle der Jagst. Sie kamen in den Ort zum Vorsitz, mußten aber zu bestimmter Zeit wieder zurückkehren. Eine versäumte die Zeit und blieb länger. Beim Abschied sagte sie ihren Tod voraus. Als sie untergetaucht war, schoß plötzlich ein Blutstrahl aus der Jagst auf.

Lichter und ein altes Fräule sieht man bei Mulfingen auf der Flur Diener (Donar), wo man Gebäudeschutt trifft. Die weiße Frau erscheint zwischen Ailringen und Hollenbach in der Reitersklinge, zu Hohebach im Hause des ehemaligen Amtmanns Grauselich (Crailsheimers Haus), sowie zwischen Schloß Stetten und Rappoldsweilerhof. So oft sie hier erscheint, stirbt ein Glied des alten freiherrlichen Hauses.


4. Sagen, die sich an Burgen, Klöster, Kirchen, Kapellen, Bäume u. s. w. knüpfen.

Lichteneck bei Ingelfingen. Ein feuriger Hund mit einem Schlüssel im Mund bewacht einen Schatz. Früher kamen von Zeit zu Zeit Frauen in die Bachmühle, um die Leute anzulocken, ihnen zu folgen und den Schatz zu heben.

Niedernhall. Ein Herr von Holz, der dort saß, entführte eine Nonne aus dem Klösterlein Frauenzimmern und brachte sie nach Niedernhall, wo er sie ehlichte. Für solchen Frevel wurde er unter der Linde hingerichtet.

Criesbach wie Morsbach sollen einst Städte gewesen sein. Zu Criesbach wohnte im Schwedenkrieg ein Soldat, der viel Geld zusammengebracht hatte (in Schreiner Wohlfarts Hause). Er wollte Weib und Kind aus der Ferne holen und sich in Criesbach dauernd ansiedeln. Sorgsam verbarg er seinen Schatz und betete noch einmal in der Kapelle zu den 3 Königen. Da wurde er aus dem Eichenbusch von einer mörderischen Kugel niedergestreckt. Seitdem geht bei der Kapelle ein feuriger Mann.

Von den Orten im Sindelbachthal und an der untern Jagst erzählt die Sage, sie haben ursprünglich aus 7 oder 9 Bauernhöfen bestanden.

Die Kirchen in Ettenhausen und Westernhausen sind sog. Wanderkirchen. So oft man das Material zum Bau unten im Thal (in Westernhausen an der Stelle des Schulhauses) zugerichtet, so oft wanderte es Nachts auf den Berg, wo die Kirche jetzt steht. Ja, in Westernhausen hatten sich die Zimmerleute sogar Nachts auf das Bauholz gelegt und doch flogs mit ihnen den Berg hinauf. Ähnlich wars mit der Kapelle zu St. Wendel bei Dörzbach, s. Schönhut Burgen 1, 126.

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann und Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Künzelsau. Kohlhammer, Stuttgart 1883, Seite 131. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Beschreibung_des_Oberamts_Kuenzelsau_I_131.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)