Seite:Beschreibung des Oberamts Kuenzelsau I 133.jpg

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die Feinde das Jagstthal heraufstürmen. Da rief sie: Weh Sternhausen, wovon das Dorf seinen Namen bekam.


6. Wahrzeichen.

Beim letzten Hause von Mulfingen an der Straße nach Ailringen sind 5 Kreuze in die Stützmauern eingelassen. Ein aufgegebener Bräutigam überfiel dort seine Braut mit ihrem neuen Bräutigam und ihren Eltern, erschlug sie alle und nahm sich hierauf das Leben. 2 km thalabwärts an der Steige nach Hollenbach steht ein altes Sühnekreuz. Ein Glockengießer von Würzburg, der eine Glocke für Mulfingen gießen sollte, dem sie aber mißlang, erschlug dort aus Eifersucht seinen Gesellen, dem in des Meisters Abwesenheit der Guß gelungen, und der mit der Freudenbotschaft dem Meister entgegen gehen wollte. Der Meister nahm sich auf der Stelle das Leben.


7. Weitere abergläubische Gebräuche.

An den Hausthüren der Katholiken findet man oft C + M + B + (Caspar, Melchior, Balthasar) angeschrieben. In die Milch, die aus dem Hause gegeben wird, müssen einige Körner Salz geworfen werden. Gegen Wanzen schreibt man an die behafteten Schränke, Betten etc. basilides. Nägel und Haare, die weggeschnitten sind, darf man nicht ins Freie werfen, sonst bekommen die Hexen Gewalt über den Menschen.


Mundart.

Die im Oberamtsbezirk gesprochene Mundart ist die ostfränkische, wie in den benachbarten Oberämtern Gerabronn und Mergentheim, deren Hauptkennzeichen sind: im Vokalismus â statt ai und au, å statt ā, ä statt i und ü, die Mischlaute ei (Geiker) und au (Maun), im Konsonantismus ch statt g, sch statt s und die Endung des Diminutivs lich in der Mehrzahl für le, endlich eine starke Vorliebe für Kürze, (Musi = Musik, Starbe = Steigerbach, Eischrod = Eisenhutsrod, Seiklingen = Seidelklingen etc. Aber der ostfränkische Dialekt hat sich im Bezirk nicht in derselben Reinheit erhalten wie im Oberamt Gerabronn. Von Südwesten erkämpft sich die schwäbische Mundart im Kocherthal, besonders in Künzelsau durch zugezogene Beamte, Lehrer etc. Boden, während von Norden und Nordwesten her der rheinfränkische oder pfälzische Dialekt von Dörzbach an abwärts in mancherlei Schattirungen Einfluß gewinnt, bis er in Oberkessach ziemlich rein auftritt (kêft = kauft, Flêsch = Fleisch). Der Unterschied von Berg und Thal ist scharf. In den Bergorten ist die heimische Mundart reiner erhalten, in den Thalorten abgeschliffener

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Julius Hartmann und Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Künzelsau. Kohlhammer, Stuttgart 1883, Seite 133. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Beschreibung_des_Oberamts_Kuenzelsau_I_133.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)