Seite:Beschreibung des Oberamts Kuenzelsau I 135.jpg

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braucht man den Hausnamen. ’s Strohbartels Lene ist die Magdalene Hanneman. Meist weiß das Volk nur den Hausnamen. In den katholischen Gemeinden ist größere Mannigfaltigkeit des Vornamens, es sind aber häufig die jüngeren Heiligennamen bevorzugt. In den evangel. Gemeinden herrscht große Einförmigkeit; der älteste Sohn heißt Johann, dann folgen sich welchselnd: Georg, (Leon)hard, Fritz, Heiner, selten Stoffel, Karl, Hann, Jóhann, Hannələ, aber Hansjërg, dr’ Jërgle, Jergmichel, Andrəs, Mathës, (Matthäus) Matheis (Mathias) Mërte (ev.) Märtl (kathol.) Michel – Hans Kaschber, Sephlə, Lenhard, Hardle, Bäwe, Bäwələ, Marget, Rëddlə, Katterlə, kindl., Kätter verächt., s’Dorlə, d’Orschl, Mulf. d’Appəl, s’Appələ.

Nur noch in Hausnamen leben in den evangel. Gemeinden: Adel (Adam), Bartel, Balz, Bernd, Philp. Leider findet das Landvolk gefallen an den gallisirten Vornamen: Lui, Schorsch, dr Schorschlə, Bawett’, Lisett’, ohne daß dieser Unsitte von Pfarrern, Standesämtern, Lehrern energisch entgegen gearbeitet würde. (S. Neckarzeitung, Unterhaltgsbl. 1878 Nr. 45: Wie soll ich meine Kinder heißen? Aus den Papieren eines Grobians). Ein weiterer Mißbrauch ist, daß der Vorname eines Kindes von den Eltern später geändert wird. Eine als Margareta getaufte Frau heißt von Jugend auf Marie.

Hausnamen, die sich auf lange Geschlechter forterben, entstehen aus Vornamen: der Conzenbauer, Fritzenbauer, Michelesbauer, Wolfen- und Wölflesbauer. (Einer der Ahnen vor Jahrh. hieß Conz, Fritz, Wolfgang etc.) Von Gewerben: der Webersbalz, Schreinersbalz, (wo früher auf dem Haus ein Weber oder Schreiner saß) Brückenschuster (der Schuster an der Brücke, obgleich längst kein Schuster mehr auf dem Hause ist), der Schmidsbauer. Sie erben sich fort mit Veränderung; hieß der Großvater Mich. Krumrein und wurde nach einem Vorfahren Christian Christenmichel genannt, so heißt der Sohn Christenfritz, der Enkel Christenhann. Da die Hausnamen auf dem Hause haften, so kommt es vor, daß der gar alte Fensterheiner sich Ziegler schrieb, sein Schwiegersohn, der alt Fensterheiner, Freymüller, der junge Fensterheiner aber, der entweder durch Kauf oder Heirat den Hof bekam, Hohbach oder Karle heißt. Nach dem Gewerbe liebt man zu bezeichnen: d’Weckmarget, s’Kaffêdorrlə, die mit Wecken, Kaffee etc. handelnde Margareta, Dorothee.

Die Frau kann nach dem Mann benannt werden: d’ Karl Beira die Frau des Karl Bauer, d’ Scheiterlesfrâ, ’s Häberles Frâlə: die Frau des Scheiterle, die Witwe des Häberle; ’s Christenfrâlə, die Witwe des Christenmichel. Im Diminutiv wird bei Knaben das gen. masc. gebraucht: dr Michelə, dr Franklə, aber bei Mädchen das neutr. ’s Bäwelə, ’s Reddlə. Der Genitiv des Namens dient zur Bezeichnung des Hauses: nei’ s’ Michelsbaurə hinein ins Michelsbauers Haus. Zur Bezeichnung der Verwandtschaft dient: d’ Mariebas, dr Glockanvetter, dr Beckan doud, die Base Marie, der Vetter Glock, der Pathe der ein Bäcker ist.

Menschenleben:

Familie: vaddër, muədër, hërlə, frâlə, d’kind plur. ma borsch, bërschlich meine Kinder, Knaben und Mädchen zusammen,

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann und Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Künzelsau. Kohlhammer, Stuttgart 1883, Seite 135. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Beschreibung_des_Oberamts_Kuenzelsau_I_135.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)