Seite:Beschreibung des Oberamts Kuenzelsau I 425.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

der Rückseite ist das Stettensche Wappen) und der Inschrift: Der Name des Herrn ist ein festes Schloß, der Gerechte läuft dahin und wird beschirmt. Prov. 18, 10.

1853 verkaufte die Standesherrschaft Hohenlohe-Jagstberg den ganzen Bau abgesehen von der katholischen Kirche, der katholischen Pfarr- und Lehrerswohnung und der katholischen Schule um 3100 fl. an die politische Gemeinde, welche ihre Rechte an die evangelische Gemeinde abtrat. Die Unterhaltungspflicht des Schlosses ist eine sehr zersplitterte. Die katholische Kirche und die Wohnung des katholischen Geistlichen hat der Staat zu unterhalten, die Wohnung des evangelischen Pfarrers die evangelische Kirchengemeinde, die des katholischen Lehrers die politische Gemeinde.

Westlich von der Mauer des äußern Schloßhofes steht die helle, hinreichend geräumige, evangelische Kirche zu St. Bonifazius, welche sicher aus der Zeit des romanischen Baustils stammt. Der mit Schiefer gedeckte Thurm enthält in seinem untersten Stock den geradlinig abschließenden Chor mit romanischem Triumphbogen und romanischem Kreuzgewölbe, von viereckigen Rippen durchzogen, welche auf 4 würfelknaufähnlichen Konsolen aufliegen. Im obern Theil des Thurmes hat sich von 3 romanischen Doppelfenstern noch eines erhalten. Am Kapitäl der Mittelsäule dieses Fensters ist auf der einen Seite ein menschlicher Kopf, auf der entgegengesetzten Seite ein ganz frei herausgearbeiteter gebogener Arm zu sehen. Bei der Reparatur der Kirche wurde 1873 auch noch ein romanischer Schlußstein über dem westlichen Kirchenportal gefunden. Neben der Kirche ist eine Lünette aus der alten Kirche in streng romanischem Stil erhalten, darauf ein Kreuz mit diamantirten Lilien. Die Kirche war ursprünglich bedeutend schmäler und kleiner. 1607 baute Wolfgang von Crailsheim dieselbe in spätgothischem Stil um. Der Meister hat sich mit seinem Monogramm H. M. 1607 und Steinmetzzeichen an der Sonnenuhr und am Maßwerk eines Fensters genannt, wahrscheinlich Hans Moritz von Hall. Der Chor wurde mit Durchbrechung der Südwand, von der nur ein starker Pfeiler stehen blieb, um sich selbst vergrößert, das Schiff durch Abbruch und Hinausrücken der südlichen Langseite vergrößert und das Westportal versetzt, der Thurm auf seine jetzige stattliche Höhe gebracht und über dem südlichen Theil des Chors ein Herrschaftsstand angebracht, der mit dem Umgang auf der Innenseite der Schloßhofmauer in Verbindung gesetzt wurde.

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann und Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Künzelsau. Kohlhammer, Stuttgart 1883, Seite 425. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Beschreibung_des_Oberamts_Kuenzelsau_I_425.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)