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Das Rathhaus, an der Straße nach Geislingen–Hall gelegen, war ursprünglich ein Bauernhaus und wurde vor ca. 30 Jahren von der Gemeinde erkauft und für seine jetzige Bestimmung eingerichtet.

Die Gemeinde besitzt eine früher herrschaftliche Kelter mit 3 Bäumen und ein Armenhaus, das zugleich Krankenhaus ist. Die untere Kelter, in Folge von Abnahme des Weinbaus entbehrlich geworden, ist jetzt an einen Privaten verkauft und zur Scheune umgewandelt.

Brunnen sind 3 laufende und 11 Pumpbrunnen vorhanden. Das Trinkwasser ist nicht besonders gut und fließt in heißen Sommern spärlich. Doch hat der Bach und Kocher immer hinreichend Wasser. Die Markung ist arm an Quellen. Eine Quelle mit gutem Wasser ist 1 km unterhalb des Orts auf dem linken Kocherufer bei der abgegangenen Kapelle.

See und Wetten sind nicht vorhanden.

Das Klima ist mild. Schädliche Frühlingsfröste und kalte Nebel kommen öfters vor. Hagelschlag ist höchst selten. Als Wetterscheide gilt der Schalberg nördlich von Braunsbach und das Grumbachthal südlich.

Sandsteine finden sich nicht auf der Markung, Kalksteine werden in einigen Steinbrüchen gebrochen. Auf dem Schalberg sind Erdfälle.

Auf der Höhe des Schalberges beim Schalhof genießt man eine weite Aussicht von den Crailsheimer bis zu den Löwensteiner Bergen.

Die Einwohner sind durch starken Zuzug von Außen, durch das Zusammenleben von Evangelischen, Katholiken und Israeliten in ihrem Charakter, Leben und Kleidung mehr abgeschliffen und städtisch-kosmopolitisch geworden im Unterschied von der Umgebung. Den Grundstock der Bevölkerung bildet der evangelische, meist Landbau und Gewerbe treibende Theil mit theilweiser Wohlhabenheit und gesichertem Auskommen. Der katholische Theil, erwachsen aus armen Zuzüglern von verschiedenen Gegenden, lebt größtentheils in beschränkten Verhältnissen und nährt sich vom Handwerksbetrieb und Taglohn. Die Israeliten, meist wohlhabend, treiben Handel.

Nach den Aussagen der Umgebung von Braunsbach macht sich der Einfluß der Israeliten besonders bei der Taglöhnerbevölkerung in einem etwas jüdelnden Ton der Sprache geltend.

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann und Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Künzelsau. Kohlhammer, Stuttgart 1883, Seite 428. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Beschreibung_des_Oberamts_Kuenzelsau_I_428.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)