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man berechne doch nur, sage ich, die neunzig mahl tausend Stiche, die der Schneider täglich thut, und wie damit sein ganzes Tagwerk erfüllt ist: man wird sich alsdann leicht eine Vorstellung machen können von dieser ekeln Langweile, die das unseelige Loos des Schneiders ist. Muß da Leib und Seele nicht verschrumpfen? Der Leib: weil ihn diese mechanischen Operationen gar nicht afficiren und angreifen. Die Seele: weil es immer das ewige Einerley ist, wobey sich weder etwas denken, noch empfinden läßt; wobey keine Kraft der Seele in Thätigkeit gesetzt wird.

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Er fühlt sie, der Unglückliche – fühlt sie mit Eckel diese lange Weile, und sucht sie zu vertreiben; und wodurch? – durch Lectüre? nein, das kann er nicht; dieß leidet die Art seiner Kunst nicht. Und gesetzt, er könnte es, so würde seine Lectüre recht dazu gemacht seyn, dem Geist seiner Schwärmerey Nahrung zu geben; denn er würde nur Postillen lesen, – und nur lesen können. Also bleibt ihm nichts übrig, als das eigene Beschäfftigen mit sich selbst, das Sinniren, das Grübeln. Der Faden dazu spinnt sich aber bloß an der Masse seiner kleinen Kenntnisse an: und diese bestehen

Empfohlene Zitierweise:
Anonym: Beytrag zur Geschichte der Schwärmerey in: Journal von und für Franken, Band 3. Raw, Nürnberg 1791, Seite 536. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Beytrag_zur_Geschichte_der_Schw%C3%A4rmerey.pdf/11&oldid=- (Version vom 31.7.2018)