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am Hofe Markgraf Karls, des Ludwig Christoph Seckendorf (Unternzenn) dessen österreichische Politik den Markgrafen mit seinem königlichen Schwager in Preußen entzweite.

 Wenn so die untere oder Stiftskirche zwei Stilperioden aufwies, mußte Meister Retti die dritte zufügen, als er 1736 das Langhaus an Stelle des abgebrochenen Kirchenschiffes setzte. Die Posaunen tragenden Engel verkünden zwar auf den Giebelfeldern den Ruhm des fürstlichen Bauherrn, aber der Beschauer vermag dieses Langschiff zwischen der herrlichen Schwanenkapelle, dem alten Chor und den Türmen nur geschmacklos zu nennen. Fast scheint es, als ob der Neubau nur aufgeführt worden wäre, um für Serenissimus und sein Haus, „die Minister, Geheimen und roulierenden Räte, sowie das adelige Frauenzimmer“ passende Logen zu erstellen.

 Neben der genannten Kirche, die lange Zeit durch die Freimetzg (Freibank) entstellt war, welche der Markgraf vergeblich in der Neustadt (im jetzigen Leihhaus) hat unterbringen wollen, hatte Ansbach im 18. Jahrhundert als weitere Gotteshäuser die Kirche zu St. Johannis, deren erste Ursprünge als einer Wallfahrtskapelle auf das 9. Jahrhundert zurückgehen, deren Ausbau im Todesjahr des ersten Kurfürsten 1441 vor sich ging. Zweiundzwanzig gewaltige Fenster vermochten sie nicht licht zu machen, da Säulen im Umgang sie verdunkelten, das angebaute Spritzenhaus das Innere zum mindesten nicht erhellte. 1660 wurde die herrschaftliche Gruft angelegt, deren Verlegung nach St. Gumbertus im 18. und 19. Jahrhundert überlegt ward, wie auch im Zeitalter der öden Symmetrie unter Alexanders Regierung die „Egalisierung“ der beiden Türme ins Auge gefaßt war. Vor 1521 umgab die Kirche der Gottesacker für Stadtleute und Eingepfarrte, bis eine Seuche zu seiner Verlegung um die kleine von Albrecht Achilles erbaute Pilgrimskapelle Sanctae crucis (1461–1476) nötigte. Die schönen Grabbücher der beiden Pfarreien (eigentliche Trennung erst 1809) weisen auf beste Pflege des neuen Gottesackers hin. – Seit 1711 war eine eigene Waisenhauskirche vorhanden, deren Gründung man der edlen Witwe Sophie von Crailsheim geb. von Hüffel verdankt, die hier (und in Walsdorf bei Bamberg) die Passionsandacht einführte, Betstunden, welche dieses Dorf nie sich würde nehmen lassen. – Fast hundert Jahre (bis 1809) wirkte diese gesegnete Stiftung, die Ritter von Lang aufhob, weil ihm das Zusammenleben der Kinder zu Unreinlichkeit, Heuchelei, Unsittlichkeit zu verführen schien. Ganz im Geiste der modernen Fürsorgeerziehung legte er die Kinder in einzelne Familien besonders auf das Land. Das große, weitläuftige Haus ward zum Krankenhaus, bis an der Feuchtwanger Straße das neue entstand, so daß auch seine Zeit fast hundert Jahre währte. Die Orgel ward in den Fürstenstand der Stiftskirche versetzt. Auch das Militär hatte seine eigene Kirche in der alten Kaserne (von 1775–1806), wie das Zuchthaus an der Schalkhauser Straße eine

Empfohlene Zitierweise:
Hermann von Bezzel: Aus Ansbachs vergangenen Tagen. Fr. Seybold’s Buchhandlung, Ansbach ca. 1912, Seite 07. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bezzel_Aus_Ansbachs_vergangenen_Tagen_07.png&oldid=- (Version vom 19.7.2016)