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sollte. Was die Schönheit des Prinzenschlößleins, die Weltabgelegenheit des Schlosses Bruckberg und die Freundschaft mit dem Pagen Laßberg nicht vermochte, konnten die vielen Reisen nicht erreichen. Die frühe Vermählung mit der nicht bedeutenden Friederike Louise, die baldige Entfremdung der jungen Ehegatten, deren Uneinigkeit ein Besuch des Soldatenkönigs zu Ansbach 1730 nicht heben konnte, die Bitterkeit gegen den genialen Schwager, dessen Fluchtgedanken der Markgraf verraten zu haben scheint – die Gäste wohnten damals in dem von dem jüngeren Zocha 1718 gebauten Hause des englischen Hofmusikers Giovanni Chiavonetto, dem späteren Gesandtenhause, dem jetzigen Präsidialgebäude – und dessen hartes Wort über la folie de l’imitation de Louis XIV. ihm hinterbracht worden war, die andrängende Schmeichelei, die unter dem Vorwande der Treue von einer conspiratio contra serenissimum fabelte, weil Preußen seine Kabinettsintriken hatten, all das vereinigte sich, um den reich begabten, aber undisziplinierten Jüngling zu zerstören. Der Einfluß fremder Frauen, Trank und Jagd konnten ihn nicht heben, falsche Politik gegen seine Verwandten, Anlehnung an unerkannte Feinde und daraus sich ergebende Enttäuschungen entfremdeten ihn der Wirklichkeit, die er zu spät erkannte. Einsam, auf der Flucht vor seinem Schwager, von seinem einzigen Sohne, der als entnervter Schwächling von seinem Studienreisen zurückgekehrt war, gemieden, „voll unerfüllter Träume“, mit Platen zu reden, ist Karl Friedrich Wilhelm in Gunzenhausen im dermaligen Bezirksamtsgebäude am 3. Aug. 1757 gestorben. Die Schrecken des siebenjährigen Krieges drangen in das Sterbezimmer des Fürsten, dem die Klagen seiner oft geschädigten Untertanen das Totenlied sangen. „Es ist genug, Herr, so nimm denn meine Seele; ich bin nicht besser als meine Väter“ (I. Kön. 19, 4), das Eliaswort war sein letztes. In dem stillen Grabgewölbe zu St. Johannis steht der schmucklose unbeschriftete Sarg des Fürsten, dem einst sein Beichtvater Esenbeck mit Pred. 8, 2 ein gutes Zeugnis gegeben hatte.

 Aber so gewiß die Bruckberger Legende von dem getöteten Knaben und die andere von der eigenhändigen Hinrichtung des betrügerischen Ischerlein zu Wülzburg vor der Geschichte nicht bestehen kann, so gewiß werden manche rauhe und rohe Züge des unglücklichen Mannes aus den Verhältnissen erklärt und vielleicht entschuldigt, manche edle, ernste Tat besser gewürdigt werden. Nicht gewillt der modernen Reinigungssucht uns anzuschließen, die aus einem Tiberius einen reinen königlichen Charakter und aus Karakalla einen vornehmen Fürsten zu machen versteht, halten wir doch daran fest, daß Gottes unbestechliches Urteil in Fehltaten die gute Absicht ebenso erschaut als sie vielgepriesene Taten wertlos erklärt. –

 Friedrich der Große und der wilde Markgraf – welche Gegensätze! Dort nach harter liebleerer Jugend, in eisernen Banden der Zucht erstarkt, der Fürst, der als den größten Wert des Lebens das Wort Pflicht brachte. „Daß ich lebe, ist nicht

Empfohlene Zitierweise:
Hermann von Bezzel: Aus Ansbachs vergangenen Tagen. Fr. Seybold’s Buchhandlung, Ansbach ca. 1912, Seite 14. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bezzel_Aus_Ansbachs_vergangenen_Tagen_14.png&oldid=- (Version vom 19.7.2016)