Seite:Bezzel Pfarrwaisenhaus Windsbach 16.png

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

 „Wir haben uns lange besonnen, ob wir das 75-jährige Bestehen unseres Pfarrwaisenhauses in einer öffentlichen Feier begehen sollten. Es sprach manches dagegen: Gründe allgemeiner Art wie die Jubiläumssucht unserer Tage, und Gründe besonderer Art, darunter solche, die sich der Öffentlichkeit entziehen, und andere, die Ihnen allen selbst bekannt sind, so der Umstand, daß wir erst am 16. November 1909 die Einweihung unseres neuen Hauses feierten und daß wir nun kaum 3 Jahre in diesem neuen Hause wohnen und wirken.

 Aber 75 zurückgelegte Jahre fordern doch wieder, daß man einen Markstein am Wege aufrichte. Und es war uns doch Freude, daß manche Stimme von draußen sich erhob, die sagte: Wir wollen euch an diesem Tage nicht allein lassen, wir wollen mit euch an ihm uns freuen! Auch um unserer Knaben und Schüler willen durften wir nicht ganz auf eine festliche Ausgestaltung des Tages verzichten. Er soll haften in ihrem Gedächtnis und ihnen eine Erinnerung fürs Leben bleiben.

 75 Jahre Geschichte! – Der Rückblick löst mancherlei Gefühle und Gedanken aus. Wie der Strom dahinrauscht, eilen die Geschicke eines Hauses dahin, gehen dahin, die in einem Hause gewohnt, gewirket, gewaltet, an einem Hause gebaut haben. Wir haben des edeln, glaubensmutigen Stifters an seinem Denkmale gedacht. An sein Gedächtnis knüpft sich das eines Bachmann, Müller, lauter Namen, die in unserer Landeskirche mit Ehren genannt wurden, eines D. Schlier, dessen gestiftetes Bild seit einigen Tagen unsere Aula ziert, eines Elsperger, dem wir auf dem Ansbacher Friedhof am 2. März dieses Jahres unsern Dank ins Grab nachriefen.

 Neben den Vorständen der Anstalt, denen Gott das reiche Maß von Fürsorge, Arbeit, Mühe vergelte, das sie auf das Haus der Pfarrwaisen und Pfarrerssöhne gewendet haben, sehe ich die Reihe von Hausvorständen, Hausvätern, Inspektoren, die am unmittelbarsten und in erster Linie des Hauses Last getragen haben. Ihre Namen sollen uns unvergessen bleiben: Ulmer, Hensolt, Lohmann, Lehner, Stock, Dietzel, Haffner, der am längsten unter allen seitherigen Leitern mit seiner Gattin dem Waisenhaus seine Dienste und seine Liebe widmete, Koller, z. Z. die Riedelbauch’schen Hauseltern, die in der harten Zeit der letzten Heimsuchung unter den schwierigsten äußeren Verhältnissen dem Hause vorstanden. Eine große Zahl von Hilfskräften, Lehrern, Erziehern, Präfekten zieht an unserem Auge vorüber, die mit beim Werke waren. Und wer möchte erst alle die Namen derer nennen, die gesegnet oder weniger gesegnet auszogen aus diesem Hause, in dem sie Schutz und Schirm, Erziehung und Unterricht, ja auch wohl Brot und Kleid empfangen haben? Auch in dem Verwaltungskörper des Direktoriums, wie viel Wechsel und Veränderung!