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Jeremias Gotthelf: Die schwarze Spinne. In: Bilder und Sagen aus der Schweiz, Band 1

rief er den Fliehenden mit scharf tönender Stimme nach, daß die Worte in ihren Ohren hängen blieben, wie Pfeile mit Widerhaken hängen bleiben im Fleische.

„Blaß und zitternd an der Seele und an allen Gliedern stäubten die Männer nach Hause; keiner sah nach dem andern sich um, keiner hätte den Hals gedreht, nicht um alle Güter der Welt. Als so verstört die Männer daher gestoben kamen, wie Tauben vom Vogel gejagt zum Taubenschlag, da drang mit ihnen der Schrecken in alle Häuser, und alle bebten vor der Kunde, welche den Männern die Glieder also durcheinander warf.

„In zitternder Neugierde schlichen die Weiber den Männern nach, bis sie dieselben an den Orten hatten, wo man im Stillen ein vertraut Wort reden konnte. Da mußte jeder Mann seinem Weibe erzählen, was sie im Schloß vernommen, das hörten sie mit Wuth und Fluch; sie mußten erzählen, wer ihnen begegnet, was er ihnen angetragen. Da ergriff namenlose Angst die Weiber, ein Wehgeschrei ertönte über Berg und Thal, einer Jeden ward, als hätte ihr eigen Kind der Ruchlose begehrt. Ein einziges Weib schrie nicht den Andern gleich. Das war ein grausam handlich Weib, eine Lindauerin soll es gewesen sein, und hier auf dem Hofe hat es gewohnt. Sie hatte wilde schwarze Augen und fürchtete sich nicht viel vor Gott und Menschen. Böse war sie schon geworden, daß die Männer dem Ritter nicht rundweg das Begehren abgeschlagen; wenn sie dabei gewesen, sie hätte ihm es sagen wollen, sagte sie. Als sie vom Grünen hörte und seinem Antrage und wie die Männer davon gestoben, da ward sie erst recht böse, und schalt die Männer über ihre Feigheit, und daß sie dem Grünen nicht kecker ins Gesicht gesehen, vielleicht hätte er mit einem andern Lohne sich auch begnügt,

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Jeremias Gotthelf: Die schwarze Spinne. In: Bilder und Sagen aus der Schweiz, Band 1. Jent & Gaßmann, Solothurn 1842, Seite 34. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bilder_und_Sagen_aus_der_Schweiz_I.pdf/38&oldid=- (Version vom 31.7.2018)