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Jeremias Gotthelf: Die schwarze Spinne. In: Bilder und Sagen aus der Schweiz, Band 1

Fingers lang Fleisch im Rauche hing, da ward es gekocht, und wo noch eine Hand groß Butter im Hafen war, da wurde geküchelt.

Das Fleisch ward gegessen, die Küchli schwanden, der Tag war veronnen, und ein anderer Tag stieg am Himmel auf. Immer näher kam der Tag, an welchem ein Weib ein Kind gebären sollte; und je näher der Tag kam, um so dringlicher ward die Angst wieder: der Grüne werde sich wieder künden, fordern was ihm gehöre, oder ihnen eine Beize legen.

Den Jammer jenes jungen Weibes, welches das Kind gebären sollte, wer will ihn ermessen? Im ganzen Hause tönte er wieder, ergriff nach und nach alle Glieder des Hauses, und Rath wußte Niemand, wohl aber, daß dem, mit dem man sich eingelassen, nicht zu trauen sei. Je näher die verhängnißvolle Stunde kam, um so näher drängte das arme Weibchen sich zu Gott, umklammerte nicht mit den Armen allein, sondern mit dem Leibe und der Seele und aus ganzem Gemüthe die heilige Mutter bittend um Schutz um ihres gebenedeiten Sohnes willen. Und ihr ward immer klarer, daß im Leben und Sterben in jeder Noth der größte Trost bei Gott sei, denn wo der sei, da dürfe der Böse nicht sein, und hätte keine Macht.

Immer deutlicher trat der Glaube vor ihre Seele, daß wenn ein Priester des Herrn mit dem Allerheiligsten, dem heiligen Leibe des Erlösers bei der Geburt zugegen wäre, und bewaffnet mit kräftigen Bannsprüchen, so dürfte kein böser Geist sich nahen, und alsobald könnte der Priester das neugeborne Kind mit dem Sakramente der Taufe versehen, was die damalige Sitte erlaubte, dann wäre das arme Kind der Gefahr für immer entrissen, welche die Vermessenheit der Väter über dasselbe

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Jeremias Gotthelf: Die schwarze Spinne. In: Bilder und Sagen aus der Schweiz, Band 1. Jent & Gaßmann, Solothurn 1842, Seite 52. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bilder_und_Sagen_aus_der_Schweiz_I.pdf/56&oldid=- (Version vom 31.7.2018)