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Jeremias Gotthelf: Die schwarze Spinne. In: Bilder und Sagen aus der Schweiz, Band 1

Kilchstalden sie umzüngelten, schienen ihr fröhliche Lichter, der Donner ein zärtlich Grollen, ein lieblich Säuseln der racheschnaubende Sturm.

Hans, des armen Weibes Mann, hatte sein Versprechen nur zu gut gehalten. Langsam war er seines Weges gegangen, hatte bedächtig jeden Acker beschaut, jedem Vogel nachgesehen, den Fischen im Bache abgewartet, wie sie sprangen und Mücken fingen vor dem eintretenden Gewitter. Dann juckte er vorwärts, rasche Schritte that er, einen Ansatz zum Springen nahm er; es war etwas in ihm, das ihn jagte, das ihm die Haare auf dem Kopfe emportrieb; es war das Gewissen, das ihm sagte, was ein Vater verdiene, der Weib und Kind verrathe; es war die Liebe, die er doch noch hatte zu seinem Weibe und seiner Leibesfrucht. Aber dann hielt ihn wieder ein anderes, und das war stärker als das erste, es war die Furcht vor den Menschen, die Furcht vor dem Teufel und die Liebe zu dem, was dieser ihm nehmen konnte. Dann ging er wieder langsamer, langsam wie ein Mensch, der seinen letzten Gang thut, der zu seiner Richtstätte geht. Vielleicht war es auch so; weiß doch gar mancher Mensch nicht, daß er den letzten Gang thut; wenn er es wüßte, er thäte ihn nicht, oder anders.

So war es spät geworden, ehe er auf Sumiswald kam. Schwarze Wolken jagten über den Münneberg her; schwere Tropfen fielen, versengten im Staube, und dumpf begann das Glöcklein im Thurme die Menschen zu mahnen, daß sie denken möchten an Gott und ihn bitten, daß er sein Gewitter nicht zum Gerichte werden lasse über sie. Vor seinem Hause stand der Priester, zu jeglichem Gange gerüstet, damit er bereit sei, wenn sein Herr, der über seinem Haupte daher

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Jeremias Gotthelf: Die schwarze Spinne. In: Bilder und Sagen aus der Schweiz, Band 1. Jent & Gaßmann, Solothurn 1842, Seite 68. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bilder_und_Sagen_aus_der_Schweiz_I.pdf/72&oldid=- (Version vom 31.7.2018)