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Jeremias Gotthelf: Die schwarze Spinne. In: Bilder und Sagen aus der Schweiz, Band 1

der Rücken; sie drehte sich, sie schaute hinter sich, fuhr mit der Hand auf und ab, und kam nicht aus der Angst: die schwarze Spinne sitze ihr im Nacken. Auch den Andern waren die Herzen zugeklemmt, als der Großvater schwieg. Es war ein banges Schweigen über sie gekommen. Spott mochte Niemand wagen, der Sache beistimmen auch nicht gerne; es hörte Jeder lieber auf das erste Wort des Andern, um darnach die eigene Rede richten zu können, so verfehlte man sich am wenigsten. Da kam die Hebamme, die schon mehrere Male gerufen hatte, ohne Antwort zu bekommen, hergelaufen, ihr Gesicht brannte hochroth, es war, als ob die Spinne auf demselben herumgekrochen wäre. Sie begann zu schmählen, daß Niemand kommen wolle, wie laut sie auch rufe. „Das sei ihr doch auch eine wunderliche Sache; wenn man gekochet habe, so wolle Niemand zum Tisch, und wenn dann Alles nicht mehr gut sei, so solle sie Schuld sein an Allem, sie wisse wohl wie es gehe. So fettes Fleisch wie drinnen stehe, könne Niemand mehr essen, wenn es kalt geworden; dazu sei es noch gar ungesund.“ Nun kamen die Leute wohl, aber gar langsam, und Keiner wollte der Erste bei der Thüre sein, der Großvater mußte voran. Es war dießmal nicht sowohl die übliche Sitte, nicht den Schein haben zu wollen, als möge man nicht warten, bis man zum Essen komme, es war das Zögern, das Alle befällt, wenn sie am Eingang stehen eines schauerlichen Ortes, und doch war drinnen nichts schauerliches. Hell glänzten auf dem Tische, frisch gefüllt, die schönen Weinflaschen, zwei glänzende Schinken prangten, gewaltige Kalbs- und Schafbraten dampften, frische Züpfen lagen dazwischen, Teller mit Tateren (Torten), Teller mit dreierlei Küchlene waren

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Jeremias Gotthelf: Die schwarze Spinne. In: Bilder und Sagen aus der Schweiz, Band 1. Jent & Gaßmann, Solothurn 1842, Seite 85. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bilder_und_Sagen_aus_der_Schweiz_I.pdf/89&oldid=- (Version vom 31.7.2018)