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Jeremias Gotthelf: Die schwarze Spinne. In: Bilder und Sagen aus der Schweiz, Band 1

zu Herzen gegangen, sie hielten fest an Gott; was sie thaten, thaten sie in seinem Namen, und wo Einer dem Andern helfen konnte, da säumte er nicht. Vom Schlosse her ward ihnen kein Uebel, aber viel Gutes. Immer weniger Ritter wohnten dort, denn immer härter ward der Streit im Heidenlande und immer nöther jede Hand, die fechten konnte; die aber, welche im Schlosse waren, mahnte täglich die große Todtenhalle, in der die Spinne an Rittern wie an den Bauern ihre Macht geübt, daß Gott mit gleicher Kraft über Jedem sei, der von ihm abfalle, sei er Bauer oder Ritter.

So schwanden viele Jahre in Glück und Segen, und das Thal ward berühmt vor allen andern. Stattlich waren ihre Häuser, groß ihre Vorräthe, manch Geldstück ruhte im Kasten, ihr Vieh war das schönste zu Berg und Thal, und ihre Töchter waren berühmt Land auf und Land ab, und ihre Söhne gerne gesehen überall. Und dieser Ruhm welkte nicht über Nacht, wie dem Jonas seine Schattenstaude, sondern er dauerte von Geschlecht zu Geschlecht; denn in der gleichen Gottesfurcht und Ehrbarkeit wie die Väter lebten auch die Söhne von Geschlecht zu Geschlecht. Aber wie gerade in den Birnbaum, der am flüssigsten genähret wird, am stärksten treibt, der Wurm sich bohrt, ihn umfrißt, welken läßt und tödtet, so geschieht es, daß, wo Gottes Segenstrom am reichsten über die Menschen fließt, der Wurm in den Segen kömmt, die Menschen bläht und blind macht, daß sie ob dem Segen Gott vergessen, ob dem Reichthum, den, der ihn gegeben hat, daß sie werden wie die Israeliten, die, wenn Gott ihnen geholfen, ob goldenen Kälbern ihn vergaßen.

So wurden, nachdem viele Geschlechter dahingegangen, Hochmuth und Hoffart heimisch im Thale,

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Jeremias Gotthelf: Die schwarze Spinne. In: Bilder und Sagen aus der Schweiz, Band 1. Jent & Gaßmann, Solothurn 1842, Seite 91. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bilder_und_Sagen_aus_der_Schweiz_I.pdf/95&oldid=- (Version vom 31.7.2018)