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Emil Hübner: Bildnis einer Römerin, Marmorbüste des Britischen Museums (die sogenannte Clytia)

Sammlungen, in London und Paris und ebenso in der hiesigen durch eine ziemliche Anzahl gewählter Exemplare vertreten sind, bieten weitere Beispiele für die Verbindung des Blätterornamentes mit der menschlichen Gestalt.

Ganz analog den nachher zu erwähnenden Vasengemälden ist die Reliefplatte mit dem auf einem Blüthenkelch in ganzer Figur stehenden nackten Eros mit großen Flügeln, welcher die aus dem Blüthenkelch hervorwachsenden zierlich gewundenen Staubfäden mit beiden Händen ergreift[1]. Aehnlich ist auf einem Antefix die ägyptisierende nackte Jünglingsgestalt mit langem Haar, die Arme symmetrisch fest an die Schenkel gelegt, auf einem Rankenornament stehend[2].

Von Reliefdarstellungen halber Figuren, welche aus Blätterkelchen hervorkommen, kann ich ebenfalls ein Paar wenn auch späte und rohe Beispiele nachweisen. Auf zwei Schalen aus dem gewöhnlichen rothen Thon, die man mit Unrecht zuweilen noch ‚samische‘ nennt, im Norden von England gefunden, erscheinen in zwei verschiedenen Mustern nackte weibliche Gestalten, bis ans Kniee im Blätterkelch stehend, den einen Arm über den Kopf erhebend, den anderen in der Art der mediceischen Venus vor die Scham legend[3]; wahrscheinlich kommt dasselbe Muster auch sonst auf ähnlichen Gefäßen vor.

Der menschliche Kopf allein, der in den Acroterien ja auch von jeher ein beliebter Schmuck war[4], findet sich häufiger in diesen Terracottareliefs mit dem Blätterornament verbunden. Der Art sind eine Reliefplatte mit einem Venuskopf[5] und die beiden Antefixe mit dem Kopf der Isis zwischen zwei Sphinxen und einem Eroten- oder Kinderkopf mit Krobylos, welche von Campana in etwas verschönernden Abbildungen[6] publiciert worden sind. Nach der Mittheilung Murray’s befindet sich im brittischen Museum auf einem Terracottadiskos ein kleiner Eros, Bruststück, welchen Dennis im Jahre 1865 in Centorbi (Centuripae) in Sicilien fand, mit Armen, einen Schmetterling haltend, der aus einem runden Blattkelch herauskommt; ganz ähnlich den bekannten Köpfen auf römischen Phaleren. Murray bemerkt, er diene ganz besonders zur Illustration des Kelchs der Clytiabüste. Er ist auf Taf. III Fig. 9 nach einer Zeichnung, die ich Murray verdanke, abgebildet. Aehnlich guckt ein kleiner Eroskopf aus einem Blätterornament hervor in dem Reliefband, welches den Bauch einer unteritalischen Vase umgiebt[7]. Bei allen diesen Darstellungen findet sich das oben hervorgehobene charakteristische Moment des Blätterkelchs, die Richtung


  1. Campana antiche opere in plastica Bd. l Taf. 14.
  2. Campana Bd. 3 Taf. 112 a.
  3. Sie sind abgebildet in Bruce’s Roman Wall S. 435.
  4. Wie ihn z. B. die Exemplare des hiesigen Museums, in Panofka’s Terracotten Taf. VII, LIII und LXII, und das Cäretaner in der archäologischen Zeitung 29, 1871 Taf. 41 zeigen.
  5. Campana Bd. 1 Taf. 12.
  6. Campana Bd. 3 Taf. 113 b und 112 b.
  7. Sie ist offenbar genau und sorgfältig abgebildet bei d’Hancarville antiguités étrusques Bd. 3 Taf. 30.
Empfohlene Zitierweise:
Emil Hübner: Bildnis einer Römerin, Marmorbüste des Britischen Museums (die sogenannte Clytia). Berlin: W. Hertz, 1873, Seite 18. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bildnis_einer_R%C3%B6merin_18.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)