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Emil Hübner: Bildnis einer Römerin, Marmorbüste des Britischen Museums (die sogenannte Clytia)

allerdings zuerst mit den Bildnissen der Könige nach Alexander geschehen zu sein scheint), bedurfte man eines besonderen Fußes, welcher dann wiederum in angemessener Weise mit dem Theil des menschlichen Körpers, den er zu tragen hatte, verbunden werden musste. Nur eine genaue Untersuchung der mit ihren Fuß[1] erhaltenen Erzbüsten (besonders der aus Herculaneum stammenden des neapolitanischen Museums), welche meines Wissens hierfür noch niemals im Zusammenhang betrachtet wurden, sowie der Marmorcopieen, welche mit Wahrscheinlichkeit auf aus dieser Zeit stammende Originale zurückzuführen sind[2], endlich auch aller Erz- und Thonbüsten in kleinem Maßstab wird lehren, welche Mittel die Verbindung herzustellen von den Künstlern jener Zeit angewendet worden sind. Vor der Hand lassen sich mit Deutlichkeit deren zwei unterscheiden.

Einmal nämlich ist an griechischen wie an römischen Büsten nicht selten ein gradliniger Abschluss des Bruststücks dadurch gewonnen worden, dass man, analog dem Uebergang des Kopfes der Herme in den Schaft derselben, eine Fläche, zuweilen als Täfelchen umrahmt und verziert und zur Aufnahme der Aufschrift bestimmt, anbrachte. Als griechische Beispiele können genannt werden die bei Visconti abgebildeten Büsten des Sophokles, bei welcher das Schildchen nur halb erhalten ist, und des Theon von Smyrna[3], sowie die Madrider Köpfe der Eucharis Licinia und des Neon[4] – die letztgenannten sämmtlich aus römischer Zeit –; als römische – deren es ziemlich zahlreiche giebt – die mit Aufschriften versehenen Büsten (nicht Hermen) des Scipio Africanus[5], des Cicero[6], des L. Iulius Ursus Servianus, eines der Feldherrn des Hadrian[7], einer römischen Frau in Madrid,


  1. Auf die Abbildungen ist für diese Untersuchung gar kein Verlass, weil über Alter oder Neuheit des Fußes, als eines unwesentlichen Theiles, in der Regel alle Angaben fehlen; so z. B. in Clarac’s Band VI. In den Catalogen der großen Sammlungen findet man auf die Art, wie die Büsten unten abschließen, selten Aufmerksamkeit verwendet; eine Unterlassung, deren ich mich selbst in der Beschreibung der Madrider Sammlung schuldig gemacht habe. Nur einige Stücke derselben, über die ich genaue Angaben gemacht habe, konnten im Folgenden citiert werden.
  2. Von denen Helbig ein Beispiel anführt, eine männliche Büste der Villa Borghese, in der Beschreibung Roms III 3 S. 250 N. 13, schlecht abgebildet in Nibby’s monumenti scelti di villa Borghese Taf. 30. Ich habe früher schon als dahin gehörig bezeichnet einen schönen Jünglingskopf in Madrid (in meinen antiken Bildwerken in Madrid S. 114 Nr. 189); ferner im archäol. Anzeiger 24, 1868 S. 300 eine ebenfalls männliche Büste des brittischen Museums, abgebildet in den antient marbles Bd. XI Taf. 14; freilich ist das Bruststück derselben neu. Wer einmal Visconti’s iconographische Arbeiten neu aufnimmt, wird ohne Zweifel Gelegenheit finden, diese seltene Klasse von Denkmälern um weitere Exemplare zu vermehren.
  3. Visconti iconographie grecque 1 S. 106 Taf. 4 und S. 241 Taf. 19, 3.
  4. Meine antiken Bildwerke in Madrid S. 129 Nr. 236 und S. 228 Nr. 507.
  5. C. I. L. I p. 281 XVI; abgebildet bei Visconti-Mongez iconographie romaine I Taf. 3.
  6. C. I. L. I p. 281 XVI; abgebildet in meinen antiken Bildwerken in Madrid auf der Tafel vor dem Titel (zu S. 115 Nr. 191).
  7. Hermes 3 S. 117; abgebildet in Mongez iconographie romaine I Taf. 9, 3. 4.
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Emil Hübner: Bildnis einer Römerin, Marmorbüste des Britischen Museums (die sogenannte Clytia). Berlin: W. Hertz, 1873, Seite 25. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bildnis_einer_R%C3%B6merin_25.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)